Schüler müssen nicht mehr abwandern
Gymnasium Eversten arbeitet für Oberstufenprojekt mit dem LBZH zusammen Bisher mussten hörgeschädigte Schüler für das Abitur nach Hamburg oder Essen wechseln. .
OLDENBURG – Ab diesem Schuljahr können hörgeschädigte Schüler ihr Abitur in Oldenburg machen. Möglich wird das durch eine Kooperation zwischen dem Gymnasium Eversten und dem Landesbildungszentrum für Hörgeschädigte (LBZH). Den offiziellen Startschuss gaben die Kooperationspartner am Donnerstag gemeinsam mit Sozialdezernentin Dagmar Sachse.
Hörgeschädigte Schüler, die das Abitur machen wollen, mussten bislang nach der 10. Klasse nicht nur die Stadt, sondern das Bundesland verlassen und nach Essen oder Hamburg gehen. „Dass wir die Abwanderung jetzt stoppen können, hat schon eine historische Dimension für Niedersachsen“, sagt Andreas Jacob, Schulleiter des Gymnasiums Eversten. Auch Dagmar Sachse sieht das Projekt als „Leuchtturm“für das Land.
Für die Umsetzung mussscher
ten vor allem technische Hindernisse überwunden werden. Neben einer Schallisolierung gehört dazu ein spezielles Akustik-System, dessen komplexe Steuerung verschiedene Situationen und Bedarfe berücksichtigt. „Jede Hörschädigung ist anders. Bei manchen Schülern wird das Signal etwa direkt ins Hörgerät übertragen, für andere ist der Lautsprecher maßgeblich“, erklärt Oberstufenkoordinator Carsten Hinrichs. „Andererseits muss das System bei Gruppenarbeiten etwa auch Gespräche von Kleingruppen
individuell übertragen können. Es ist also nicht damit getan, dass man sich ein Mikro umhängt und einen Lautsprecher aufstellt.“Ebenfalls gehört ein Smartboard zur barrierefreien Ausstattung, eine elektronische Tafel, die über ein Tablet gesteuert wird. „Manche Schüler brauchen die Mimik des Lehrers und Lippenbewegungen zur Orientierung“, so Hinrichs weiter. „Wenn er sich umdreht, um an die Tafel zu schreiben, entgeht ihnen trotz Lautsprechern der größte Teil der Informationen.“
Das Investitionsvolumen konnten die Partner nicht genau beziffern, nach Schätzung der Einzelposten – akustische Raumsanierung, Akustikanlage und Smartboard – kommt man aber auf knapp 20000 Euro. Die werden auch noch ein paar Mal in die Hand genommen, um beispielsweise auch die Fachräume entsprechend auszurüsten.
Das LBZH unterstützt die Inklusionsarbeit am Gymnasium mit Lehrern im mobilen Dienst und mit Fortbildungsmaßnahmen für die Lehrkräfte. Außerdem bietet es techni- Beratung für die Schüler rund um deren Hilfsmittel und medizinische Hilfe durch einen HNO-Vertragsarzt an. „Wenn später einmal Schüler von weiter her kommen, können wir auch eine Internatsunterbringung ermöglichen“, sagt LBZH-Dirkektor Marco Noel. In diesem Schuljahr betrifft die Neuerung fünf Schüler. Andreas Jacob rechnet aber damit, dass langfristig auch Schüler aus anderen Teilen Niedersachsens hinzu kommen.
Nach den ersten Wochen des neuen Schuljahres können die Partner bereits ein positives Fazit ziehen. „Von dem Projekt profitieren alle Schüler und auch die Lehrkräfte“, sagt Hinrichs. „Typische Störungen wie Tuscheln, oder Zwischenrufen haben stark abgenommen. Die Schüler sind aufmerksamer, nicht mehr laut und setzen sich für ihre beeinträchtigten Mitschüler ein.“Das entlastet die beteiligten Lehrkräfte auch körperlich, fügt Hinrichs hinzu. „Die Kopfschmerzen und die extreme Müdigkeit am Ende eines Schultages sind ebenfalls deutlich weniger geworden.“