Nordwest-Zeitung

Schh Schmieden zur Kunst wird

Mmnc Wehmer nimmt erstmals an der Aktion „Offene Arteliers“teil – Werkstatt auf Resthof

- VON WERNER FADEMRECHT

Das Eisen schmieden, solange es heiß ist – davon versteht Marc Wehmer eine Menge. Er sieht Parallelen zur Töpferei.

SANDTANGE – Die Hammerschl­äge in der alten Scheune sind schon von weitem zu hören. Der Weg durch den großen Garten führt vorbei an zwei Meter hohen Metallskul­pturen. Ihre rostbraune Patina glänzt in der Spätsommer­sonne. Mitten in der zu einer Schmiedewe­rkstatt umgebauten Scheune steht Marc Wehmer (50).

Der Schweiß tropft ihm von der Stirn, aber das ist auch kein Wunder. Draußen in der Sonne mögen es nur 25 Grad Celsius sein, aber das Feuer seiner Schmiede hat mehr als 600 Grad. Wehmer zieht mit einer großen Zange eine glühende Eisenstang­e aus den Flammen, legt sie auf den massiven Amboss und fängt an, den Stahl mit kräftigen Hammerschl­ägen in eine neuen Form zu zwingen.

Seit 20 Jahren arbeitet der gebürtige Bremerhave­ner als Schmied, seit zehn Jahren steht seine Werkstatt bereits auf dem Resthof an der Hatter Landstraße 10. Mitglied im Bundesverb­and Bildender Künstler (BBK) ist der 50-Jährige erst seit diesem Jahr und deshalb auch erstmals bei der Aktion „Offene Arteliers“(8. und 9. September, 11 bis 18 Uhr) dabei.

Ist Schmieden wirklich Kunst? Marc Wehmer kennt diesen Vorbehalt zur Genüge, und er zieht eine überrasche­nde Parallele. „Schmieden ist nah am Töpfern dran“, sagt er. Was er damit meint: In beiden Fällen wird das Ausgangsma­terial – hier Stahl, da Ton – solange verformt, bis das gewünschte Objekt entstanden ist. Diese „Querschnit­tsverformu­ng“, wie es der Schmied nennt, kann im Endergebni­s ein schlichtes Zaunelemen­t sein, ein neues Werkzeug, aber auch ein filigranes Kunststück – und davon stehen einige in seinem großen Garten. Im März dieses Jahres hat er ein eindrucksv­olles Eisentor für den zum Ort der Begegnung umgestalte­ten „Alten Friedhof“in Dötlingen

geliefert, zurzeit arbeitet er an einem Rednerpult für die Marienkirc­he in Wardenburg.

Marc Wehmer hat das Schmieden ganz klassisch in Süddeutsch­land gelernt, wo er bei verschiede­nen Meistern in die Lehre ging. „Erfahrung ist beim Schmieden das A und O – vor allem bei der Temperatur­steuerung“, sagt der kräftige Mann. Keine Digitalanz­eige verrät ihm, wann das Feuer heiß genug ist, um den Stahl verformbar zu machen.

Es sind allein die Glühfarben, aus denen er diese entscheide­nde Informatio­n liest. „Wird der Stahl zu heiß, verbrennt er. Da gibt es dann Funken wie bei einer Wunderkerz­e“, sagt er. 150 000 Stahlsorte­n und 2700 Legierunge­n machen es nicht gerade einfacher, immer das richtige Feuer zu entfachen.

Seit 2002 ist er Mitglied des Internatio­nalen Fachverban­des für Gestalteri­sches Schmieden, außerdem der

Internatio­nal Associatio­n of Art (größte internatio­nale, nichtstaat­liche Vereinigun­g bildender Künstler) und jetzt auch im BBK. In zehn Jahren hat er aus dem Hatter Resthof eine idyllisch gelegene Schmiedewe­rkstatt gemacht, an die sich nahtlos eine Streuobstw­iese schmiegt und freilaufen­de Hühner nach Nahrung picken. „Das ist im Grunde ein ganzheitli­ches Projekt“, sagt er und lächelt dabei leicht.

 ?? BILDER: WERNER FADEMRECHT ?? Schweißtre­ibender Arbeitspla­tz: Marc Wehmer steht an der Schmiede – seinem Atelier.
BILDER: WERNER FADEMRECHT Schweißtre­ibender Arbeitspla­tz: Marc Wehmer steht an der Schmiede – seinem Atelier.
 ??  ?? Diese Waage gehört zu den Ausstellun­gsstücken in Wehmers Garten.
Diese Waage gehört zu den Ausstellun­gsstücken in Wehmers Garten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany