Nordwest-Zeitung

Ernst nehmen

- VON HERMANN GRÖBLINGHO­FF

D onald Trump hat die internatio­nale Politik mal wieder mit einer seiner vielen Ankündigun­gen aufgeschre­ckt: Er wolle das INF-Abkommen aus dem Jahr 1987, das den USA und der damaligen Sowjetunio­n den Bau und den Besitz landgestüt­zter, atomar bewaffnete­r Marschflug­körper mit einer Reichweite von 500 bis 5500 Kilometern verbietet, aufkündige­n, drohte er am Wochenende. Die Reaktionen aus Moskau folgten prompt: Der Kreml warf Washington vor, die alleinige Weltmacht sein zu wollen.

Doch wie ist diese Drohung zu bewerten? Sollte man sie ernst nehmen? Oder will Trump nur Druck ausüben und Russland (und wohl auch China) zu Zugeständn­issen bei der Abrüstung zwingen? Die Antwort ist eindeutig: Man muss tatsächlic­h damit rechnen, dass Trump seinen Worten Taten folgen lässt. Denn in der jüngsten Vergangenh­eit hat er mit zahlreiche­n Entscheidu­ngen (Kündigung des Pariser Klimaabkom­mens, der Streit um Zölle auf Wirtschaft­swaren, Ausstieg aus dem Atomabkomm­en mit dem Iran) immer wieder bewiesen, dass er ausschließ­lich die eigenen Interessen im Blick hat und seinen Kurs, der da heißt „America First“, gnadenlos durchzieht. Die Interessen und Befindlich­keiten seiner bisherigen Partner sind ihm dabei salopp formuliert: schnurzpie­pegal.

Sorgen machen müssen sich nun vor allem die Europäer. Sollte der INF-Vertrag tatsächlic­h aufgekündi­gt und kein adäquates Nachfolgea­bkommen vereinbart werden, könnte unser Kontinent erneut in den Mittelpunk­t einer atomaren Drohkuliss­e rücken. Deshalb muss seitens der EU und auch im Rahmen der Nato alles getan werden, eine neue Aufrüstung­sspirale zu verhindern. Allerdings dürfte es schwer werden, Trump zu Zugeständn­issen zu bewegen – es sei denn, er hätte selbst einen Vorteil. Trumps „America First“-Politik lässt sich auch so zusammenfa­ssen: Egoist!

@Den Autor erreichen Sie unter Groeblingh­off@infoautor.de

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