Landtag: Mehrheit gegen Zeitumstellung
Endgültige Entscheidung steht noch aus – Beratungen in etlichen europäischen Hauptstädten
84 Prozent der EU-Bürger wollen die Zeitumstellung abschaffen. Was halten Politiker, Unternehmer und Bauern in Niedersachsen davon?
HANNOVER – Eine Woche vor Beginn der Winterzeit ist eine Mehrheit der Parteien im niedersächsischen Landtag für die Abschaffung der Zeitumstellung. Auch bei den Unternehmerverbänden und im Bauernverband wird über das Thema diskutiert, dort gibt es aber keine klare Forderung, an der bestehenden Regelung etwas zu ändern.
Die Grünen forderten die Landesregierung auf, sich intensiv auf Bundes- und Europaebene für die Abschaffung des Wechsels zwischen Sommerund Winterzeit einzusetzen. Auch Vertreter von SPD, CDU und FDP sind grundsätzlich dafür. „Am kommenden Wochenende soll es das letzte Mal sein, dass die Zeit umgestellt wird“, forderte Dragos Pancescu (Brake), der europapolitische Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion.
Bei einer Online-Befragung der EU-Kommission hatten sich im August 84 Prozent der Teilnehmer für eine Abschaffung ausgesprochen, die meisten Menschen votierten für eine dauerhafte Sommerzeit. Wie die EU jetzt mit dem Ergebnis umgehen werde, sei auch ein Indikator für die Zukunft Europas, sagte GrünenPolitiker Pancescu mit Blick auf die Europawahlen im Mai. „Geht man auf das Anliegen der Bürger ein, steigt auch das Vertrauen in die EU.“
Die EU-Kommission schlug als Konsequenz aus der Umfrage vor, 2019 die Zeitumstellungen in Europa zu beenden und es den Mitgliedstaaten zu überlassen, zu entscheiden, ob sie dauerhaft die Winter- oder die Sommerzeit haben möchten. Die EUStaaten und das Europaparlament müssen den Plänen mehrheitlich zustimmen.
In etlichen europäischen Hauptstädten laufen derzeit noch Beratungen dazu. Am 29. und 30. Oktober treffen sich die für das Thema zuständigen EU-Verkehrsminister, dort könnte sich ein klareres Meinungsbild ergeben.
Für die SPD-Fraktion im Landtag sagte der europapolitische Sprecher Christos Pantazis, das Ergebnis der Umfrage sei ein deutliches Signal, dass die Abschaffung der Zeitumstellung in Deutschland populär sei – im Grundsatz unterstütze er diese Forderung. Zwischen den süd- und nordeuropäischen Staaten gebe es aber noch kontroverse Auffassungen dazu. Nötig sei eine einheitliche Lösung. „Einen Flickenteppich innerhalb der EU kann niemand wollen.“
Der europapolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Stephan Siemer (Vechta), betonte: „Das eindeutige Votum für eine Abschaffung der Zeitumstellung darf nicht ignoriert werden.“
Ähnlich sieht das der Europapolitik-Experte der FDPFraktion, Horst Kortlang (Elsfleth). „Die Zeitumstellung bedeutet jedes Mal nicht nur Stress für Menschen und Tiere, sondern auch einiges an Aufwand und Belastungen für die Wirtschaft.“Deshalb unterstütze die FDP grundsätzlich jede Initiative, diesen sinnlosen Stress loszuwerden.
Bei den Landwirten in Niedersachsen gebe es zur Forderung nach einer Abschaffung der Zeitumstellung unterschiedliche Meinungen, sagte die Sprecherin des Bauernverbandes, Gabi von der Brelie. „In der Tierhaltung muss man sich ein bisschen auf die Zeitumstellung einstellen und die Fütter- und Melkzeiten anpassen“, erläuterte sie.
Den Unternehmerverbänden in Niedersachsen ist es relativ egal, ob der Wechsel von Sommerzeit zu Winterzeit beendet wird. „Die Diskussion verfolgen wir eher gelassen“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Unternehmerverbände, Volker Müller. „Wichtig dabei ist nur, dass man mit Augenmaß handelt und die Entscheidung nicht überstürzt. Die Wirtschaft sollte einen angemessenen zeitlichen Vorlauf bekommen, um sich auf die Veränderung einzustellen.“