Entführungsfall Mirco als TV-Drama
„Ein Kind wird gesucht“zeichnet Tragödie nach – 200 000 Mobilfunkdaten ausgewertet
Im Jahr 2010 hatte das Verbrechen am 5iederrhein die Republik erschüttertk Leiter der Mönchengladbacher Mordkommission war damals Ingo Thielk
$0LN – Ingo Thiel denkt immer wieder an den Tag, der nicht nur sein Leben verändert hat. Als sich das Datum zuletzt jährte, war er gerade in Köln. „Da hab’ ich zu einem Kollegen gesagt: Um diese Zeit ist er gerade von der Straße gerissen worden“, sagt Thiel. „Das vergisst man nicht.“
Es ist der Tag, an dem der damals zehn Jahre alte Mirco entführt wird. Vor acht Jahren war das, im Jahr 2010. Eine der bis zu diesem Zeitpunkt größten Suchaktionen der deutschen Geschichte nimmt ihren Lauf, bis zu 1000 Polizis- ten durchkämmen eine Region am Niederrhein, Tornado-Jets steigen auf, Tausende Mobilfunkdaten werden ausgewertet. Und mittendrin hält der bullige Polizist Thiel die Fäden in der Hand.
Was nach Stoff für ein Krimidrama klingt, ist tatsächlich zu einem geworden. An diesem Montag, 20.15 Uhr, zeigt das ZDF den Film „Ein Kind wird gesucht“, der den Fall nachzeichnet und auf wahren Begebenheiten beruht. Auf der einen Seite sieht man die mühsame Polizeiarbeit, auf der anderen Seite das Leiden von Mircos Familie.
Der Film markiert so etwas wie den endgültigen Übergang von Ingo Thiel zu einer Art Star-Ermittler. Es gibt jetzt nicht nur Ingo Thiel, Leiter der Mönchengladbacher Mordkommission – es gibt jetzt auch Ingo Thiel, den TVErmittler, der von Heino Ferch (55) gespielt wird.
Ferch spielt Thiel als Polizisten, der sich komplett seinem Fall verschreibt. Er raucht Kippe um Kippe, für seine Kinder hat er kaum noch Zeit. Nach und nach setzt sich das Puzzle zusammen. Immer mehr Kleidungsstücke des Kindes tauchen auf, das Fahrrad, das gesuchte Auto des Täters. Als Mircos Familie den Polizisten in der Weihnachtszeit Schokolade schenkt, halten es die Kommissare kaum aus. Die Zuversicht der Frau können sie nur schwer ertragen.
Thiel wiederholte damals immer wieder, dass man den Täter kriegen werde. Es war Überzeugung, aber auch Medienstrategie. „Sie müssen das so sehen: Natürlich gibt es auch bei der Polizei viele Quatschköpfe, die alles besser wissen“, sagt er. Die gar nicht begriffen hätten, warum man die Medien brauchte – nämlich um weiter Druck auf den Täter aufzubauen.
Um die Motivation im Team hoch zu halten, ließ Thiel damals jeden Vorschlag seiner Leute umsetzen, der umsetzbar war. In Kleinarbeit gleichen die Ermittler schließlich mehr als 200 000 Mobilfunkdaten mit der rekonstruierten Fahrt-Route des Täters ab. Dabei kristallisiert sich heraus, dass nur ein Mobiltelefon zur Tatzeit mit seinem Besitzer diesen Weg genommen und sich von Funkmast zu Funkmast eingeloggt hatte.
Das Ende ist bekannt, aber die Dramatik bleibt. Mirco ist tot, sein Mörder – ein Familienvater – wird später zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Familie, tief gläubig und Mitglied einer Freikirche, verzeiht ihm. Sie wolle nicht hassen, um weiter leben zu können, sagt sie. Die Eltern schreiben ein Buch, das eine Grundlage für den Film war.