Dieses Papier ist geduldig
Bei Renovierung 50 Jahre alte NWZ in Gemäuer entdeckt
Bauarbeiter haben eine Nordwest-Zeitung von 1968 gefunden. Das historische Exemplar soll nun das neu renovierte Direktorinnenbüro schmücken.
OL:EN;URG – gefragt. Bei Aufreißen der Wand im zweiten Stock des Museums hielten die beiden Handwerker auf einmal ein vergilbtes Papierknäuel in den Händen. Wäre nicht in genau diesem Augenblick Ursula Warnke zur Tür reingekommen, um den Fortschritt der Bauarbeiten zu ihrem neuen Büro zu begutachten, hätten die Handwerker das Fundstück wohl weggeworfen.
Worum es sich handelte, erkannte auch die Direktorin erst beim näheren Hinsehen:
Titelte die Nordwest-Zeitung am Montag, 16. September 1968. Auf der Rückseite Reklame für Diätmittel, Schweinefleisch, Stellengesuche und Familienanzeigen.
„Ob die wohl noch zusammen sind?“, fragt sich Ursula Warnke und dreht das Papier um. „Dieses Dokument datiert diesen Raum. Es ist ein skurriler Blick in die Vergangenheit des Gebäudes“, sagt die Museumsdirektorin. „Vermutlich haben die Bauarbeiter mit der Zeitung von der Frühstückspause ein Kabel abgedichtet und dann Putz drüber gespachtelt. Fertig.“1968 muss das gewesen sein.
Damals wurde die Landesbibliothek hier erbaut. „Nach dem Krieg stand nur noch die Außenmauer“, sagt Ursula Warnke, „dieses Gebäude war eines der wenigen in Oldenburg, die von Bomben zerstört worden sind.“Nur noch der Kellerbereich aus dem 19. Jahrhundert ist erhalten. In den 1950er Jahren begann man allmählich mit dem Wiederaufbau.
Das Landesmuseum Naturund Mensch ist seit 1880 im Nebengebäude angesiedelt und unversehrt. Heute gehört auch die ehemalige Bücherei dazu. Im neurenovierten Büro der Direktorin ist von der Vergangenheit wenig zu erahnen. Es riecht nach frischer Farbe. Die Wände sind feuerrot gestrichen, der Teppich fleckenfrei. „Ich bin erst seit Anfang des Jahres im Haus“, sagt Ursula Warnke. „Als ich hier angekommen bin, atmete dieser Raum noch den Charme der 68er. Mit offenen Regalwänden. Total schadstoff-belastet.“Sie lacht. Mehr Zeitzeugnisse vermutet sie allerdings nicht im Gemäuer.
Mittlerweile fühlt sie sich wohl in ihrem Arbeitszimmer. Es fehlen nur noch ein paar Bilder an den Wänden. Das vergilbte Fundstück bietet sich an. Ursula Warnke will die Nordwest-Zeitung aus dem Jahr 1968 nun rahmen lassen und aufhängen. Als Erinnerung. Der Rest ist Geschichte.