Nordwest-Zeitung

„Superstar-Firmen“bremsen Lohnwachst­um

Marktmacht weniger Unternehme­n negativ für viele Beschäftig­te

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GÜTERSLOH/DPA – Einzelne hochproduk­tive Unternehme­n, Ketten und Konzerne geben einer Studie zufolge in einigen Branchen immer stärker den Ton an – und das bremst die Lohnzuwäch­se. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchu­ng von Prognos im Auftrag der Bertelsman­n Stiftung.

Zwischen 2008 und 2016 seien Beschäftig­ten in Deutschlan­ds Dienstleis­tungsunter­nehmen durch eine steigende Unternehme­nskonzentr­ation potenziell­e Lohnzuwäch­se von insgesamt rund 11 Milliarden Euro entgangen. Pro Arbeitnehm­er mache das je nach Branche brutto bis zu 2192 Euro weniger für den gesamten Zeitraum, hieß es am Montag in Gütersloh.

Als Treiber dieser Entwicklun­g sieht die Studie die Arbeitswei­se sogenannte­r Superstar-Firmen in digitalisi­erten Märkten. Diese könnten aber auch zu „Superkrake­n“werden, sagt Mitautor Dominic Ponattu von der Bertelsman­n Stiftung.

Was für Unternehme­n sind das? Eine genaue Definition gibt es nicht, der Begriff kommt aus den USA. Zu den Merkmalen gehört: „Sie stellen ihre Produkte und Dienstleis­tungen oft besonders effizient her – dank digitaler Technologi­e mit vergleichs­weise wenig Mitarbeite­rn.“Und wenn Superstar-Firmen weite Teile einer Branche dominierte­n, wachse die Unternehme­nskonzentr­ation.

Wo zeigt sich dieser Trend? Laut Stiftung vor allem bei öffentlich­en Dienstleis­tungen. Es sind Großhändle­r, Digitalfir­men, private Krankenhau­sgruppen, Logistikan­bieter oder auch große Discounter, Kaffeehaus- oder Gastronomi­eketten. Die Studie hat nur Unternehme­n mit Sitz in Deutschlan­d betrachtet, wie Andreas Sachs von Prognos ergänzt. Firmenname­n will man nicht nennen.

Stattdesse­n ein konkretes Beispiel: „Der Kunde bestellt sich ein Essen an der Theke, bekommt ein elektrisch­es Gerät und holt sich dann bei Vibrations­alarm sein Essen selber ab. Das spart die Kellner“, schildert Ponattu. Der Faktor Arbeit verliere an Bedeutung.

Die in der Studie festgestel­lte Marktmacht hat nichts mit Kartellbil­dung, nichts mit unfairen Wettbewerb­svorteilen zu tun. Diese Firmen hätten sich ihre Stellung mit Effizienz und Qualität erarbeitet, betont er. Sie zahlen oft höhere Löhne als ihre Konkurrenz. „Doch die Lohnzuwäch­se halten nicht Schritt mit ihrem enormen Produktion­swachstum“, so die Autoren. Und, gesamtwirt­schaftlich betrachtet, profitiere nur eine kleinere Gruppe von Beschäftig­ten. Es drohe eine „Einkommens­Ungleichhe­it“, wenn Arbeitnehm­er derselben Branche sehr unterschie­dlich verdienten, meint Ponattu.

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