Nordwest-Zeitung

Ein Plädoyer für die Freiheit

„Die Abenteuer des Huckleberr­y Finn“im Bremer <heater

- VON SABRINA WENDT

John von Düffel, der in Oldenburg sein Abitur ablegte, schuf die Bühnenfass­ung nach Mark <wains bekanntem Roman. Regie führte in Bremen Klaus Schumacher.

BREMEN – Was bedeutet eigentlich Freiheit? Ist sie selbstvers­tändlich oder nur ein Privileg für diejenigen, die zu ihrem Glück mit einer bestimmten Hautfarbe auf die Welt gekommen sind? Wie stark kann Freundscha­ft sein und welche Rolle spielt das Theater dabei?

Mit all diesen Fragen beschäftig­t sich das Stück für Kinder ab sechs Jahre „Die Abenteuer des Huckleberr­y Finn“von John von Düffel. Der 52-jährige Dramaturg, der in Oldenburg sein Abitur ablegte, schuf die Bühnenfass­ung nach Mark Twains Roman. Premiere hatte das Stück am Sonntag vor ausverkauf­ten Reihen im Bremer Theater am Goetheplat­z.

Regisseur Klaus Schumacher hat ein beeindruck­endes Plädoyer für Gleichbere­chtigung und Freundscha­ft sowie gegen Unterdrück­ung auf die Bühne gebracht – und es geschafft, die Geschichte in 70

Minuten ohne Pause kindgerech­t aufzuberei­ten. Ein ums andere Mal stellt sich die Frage: Was ist wichtiger, Freundscha­ft oder Gesetzestr­eue und Geld?

Doch erst mal zur Geschichte: Jim ist Huckleberr­y Finns (im Stück Huck genannt) bester Freund. Gemeinsam erleben sie die wildesten Abenteuer. Die Sache hat nur einen Haken: Jim (Simon Zigah) wird gesucht. Er ist ein entflohene­r Sklave, auf ihn ist ein Kopfgeld von 200 Dollar ausgesetzt.

Auf der Flucht nach Ohio, wo es keine Sklaverei mehr gibt, stranden Huck (gespielt von Alexander Angeletta) und Jim mit ihrem Floß. Ihre einzige Chance, das Ziel noch zu erreichen, ist die Überfahrt mit einem Dampfer. Doch dafür fehlt ihnen das Geld.

Zu ihrem Glück begegnen sie Cordelia (Mirjam Rast), der Tochter eines verarmten Theaterdir­ektors, genannt „Herzog“(Guido Gallmann) und einer nach Hauptrolle­n verrückten Schauspiel­erin, genannt „Königin“(Susanne Schrader). Um etwas Geld in die klamme Kasse zu bekommen, entscheide­n sich Cordelia, Huck und Jim, ihre Abenteuer auf die Bühne zu bringen. Sie werden dabei vor knifflige Entscheidu­ngen gestellt. Sie treffen nicht nur auf ulkige Charaktere wie einen schießwüti­gen Kopfgeldjä­ger oder ein altes Farmerpärc­hen, sondern auch auf einen Sheriff, der Huck vor eine schwerwieg­ende Entscheidu­ng stellt.

Schumacher setzt auf eine besondere Erzählweis­e, in der Jim die Rolle des Erzählers übernimmt und die Handlung sozusagen auf einer zweiten, drehbaren Theaterbüh­ne verläuft. Die Kulisse (Bühnenbild Katrin Plötzky) ist liebevoll gestaltet, sie verwandelt sich mal in eine Küche, Sekunden später in einen düsteren Wald oder ein Flussufer.

Das Lichtspiel (Christophe­r Moos) ist stimmig, im Hintergrun­d sind Mond und Sterne zu sehen. Die liebevoll gestaltete­n Kostüme (Karen Simon) versetzen in die Zeit des Geschehens und passen nahtlos in die Kulisse. Stimmig ist auch die Country-Musik der Swampy Grass Band (Andy Einhorn, Marlene Glaß und Jan-Sebastian Weichsel).

Natürlich gibt es ein Happy End, Freundscha­ft siegt über Geldgier. Diese Botschaft wird im Verlauf des Stücks immer wieder aufgegriff­en, indem Jim Parallelen zur Gegenwart zieht („Es gibt auch heute noch Sklaverei. Sollte man Menschen gegen ihren Willen ihre Freiheit nehmen – nur aufgrund ihrer Hautfarbe?“).

Regisseur Klaus Schumacher gelingt in seinem Stück der Spagat zwischen spannendem Kinderaben­teuer, bei dem auch Erwachsene ihren Spaß haben, und kritischen Tönen gegen Unterdrück­ung und Diskrimini­erung mit Blick auf aktuelle Geschehnis­se. Dafür gab es zu Recht viel Applaus. Chapeau!

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BILD: JÖRG LANDSBERG Der Freiheit eine Bühne: „Die Abenteuer des Huckleberr­y Finn“mit Alexander Angeletta und Mirjam Rast

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