70 Babys anonym abgelegt
Insgesamt sechs Babykörbchen in Niedersachsen und Bremen
Für Sozialministerin Reimann sind die Körbchen nur eine Notlösung. Die SPD-Politikerin weist auf das Angebot der vertraulichen Geburt hin.
HANNOVER/BREMEN – In die sechs Babykörbchen in Niedersachsen und Bremen sind bisher 70 Neugeborene anonym gelegt worden. Das geht aus aktuellen Zahlen hervor, die die Träger auf Anfrage mitteilten. Die Babyklappen sollen in Not geratenen Eltern einen letzten Ausweg eröffnen, Kinder in sichere Obhut zu geben.
Vier Babykörbchen entstanden 2001 in Hannover, Braunschweig, Osnabrück und Nordhorn, nachdem ein Jahr zuvor die bundesweit erste Einrichtung dieser Art in Hamburg vom freien Träger
SterniPark eröffnet worden war. Hintergrund war damals ein in einer Recycling-Anlage gefundenes totes Findelkind. Ein fünftes Wärmebettchen entstand in Niedersachsen 2010 in Rotenburg (Wümme), und das nach Angaben der Betreiber einzige Babykörbchen in Bremen gibt es seit 2002 im St.-Joseph-Stift.
Für Niedersachsens Sozialministerin Carola Reimann können die Körbchen aber nur eine Notlösung sein, um Kinderleben zu retten. Die Babyklappen seien ethisch wie rechtlich problematisch, weil sie das Recht der Kinder verletzten, etwas über ihre Herkunft zu erfahren und Beziehungen zu ihren Eltern zu haben, sagte Reimann. Für Schwangere in scheinbar aussichtslosen Situationen befürwortet die SPD-Politikerin das Angebot der vertraulichen Geburt, bei der werdenden Müttern seit 2014 Schutz und medizinische Betreuung sowie Anonymität gewährleistet würden.
Im Jahr 2008 hatte ein Fall aus Hannover für Schlagzeilen gesorgt, weil ein vor einem Babykörbchen abgelegter Säugling erfroren war. Die Klappe der Einrichtung hatte geklemmt und der zunächst unentdeckte Junge war an mangelnder Versorgung und Kälte gestorben. Den Grund des Defekts konnte damals auch ein Gutachten nicht klären.
Träger wie der SterniPark in Hamburg sind dennoch überzeugt von dem Hilfsangebot. „Es war auf jeden Fall die richtige Entscheidung, die Babyklappe einzurichten“, erklärte Sprecherin Kerstin Asmussen. „Babyklappen retten Leben: Für jedes einzelne Kind, das in einer Babyklappe bislang in Sicherheit gelegt wurde, hat sich die Einrichtung gelohnt.“
„Nach dem Hineinlegen ertönt zeitversetzt ein Alarmsignal im Schwesternzimmer des Kreißsaals“, erläuterte Judith Rohde, Koordinatorin von Notruf Mirjam in Hannover. Hebammen oder Ärzte nehmen das Kind dann in Obhut. Dann wird Kontakt zur Adoptionsvermittlung aufgenommen. „Wenn sich die Mutter meldet und ihr Kind zurückbekommen möchte, wird nach einem DNA-Test gemeinsam mit dem Jugendamt nach Lösungen gesucht“, sagte Rohde.