Nordwest-Zeitung

Merkel plädiert für EU-Armee

Kanzlerin p/siti/niert sich erstmals – Bedauern über ihren Rückzug

- VON DETLEF DREWES, ZURZEIT STRAßBURG

In ihrer Eur/pa-Rede p/cht ?erkel auf mehr Geschl/ssenheit in der Uni/n. Ihre W/rte gefallen nicht jedem.

STRAßBURG – Am Ende bekam Jean-Claude Juncker sogar feuchte Augen. „Ich bin massivst einverstan­den – mit allem, was Sie hier gesagt haben, Frau Bundeskanz­lerin“, sagte der EU-Kommission­spräsident. Gerade mal 30 Minuten hat Angela Merkel gebraucht, um alles, was der Gemeinscha­ft auf den Nägeln abzuhaken und vor allem Lektionen zu erteilen. Dabei klang der Anlass ihres Auftritts fast zu salbungsvo­ll, um so eine Liste konkreter Arbeitsauf­träge erwarten zu lassen.

Seit Monaten treten die 28 Staats- und Regierungs­chefs der EU einer nach dem anderen vor den Abgeordnet­en auf, um ihre Vorstellun­gen zur Zukunft zu präsentier­en. Merkel war die Nummer zwölf. Doch es wurde keine theatralis­che Ansprache. Als erstes nahm sie die polnische und die ungarische Regierung ins Visier, mit denen der Streit um demokratis­che Grundsätze schon Monate dauert: „Wer rechtsstaa­tliche Prinzipien in seinem Land aushöhlt, wer die Rechte der Opposition und der Zivilgesel­lschaft beschneide­t, wer die Pressefrei­heit einschränk­t, der gefährdet nicht nur die Rechtsstaa­tlichkeit in seinem eigenen Land, sondern er gefährdet die Rechtsstaa­tlichkeit von uns allen in ganz Europa.“

Über die USA sagte sie: „Die Zeiten, in denen wir uns vorbehaltl­os auf andere verlassen konnten, sind vorbei. Also müssen wir unser Schicksal selbst in die Hand nehmen.“Die „Vision“einer europäisch­en Armee „würde der Welt zeigen, dass es nie wieder Krieg zwischen unseren Ländern geben wird“, sagte Merkel und stellte sich ofbrennt, fen an die Seite des französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron. Das brachte ihr auch Buh-Rufe ein. „Ich lass mich nicht irritieren. Ich komme auch aus einem Parlament“, sagte sie.

Vor dieser Rede hatten einige spekuliert, ob hier nicht eine kraftlose Bundeskanz­lerin zu sehen sein würde. Das Gegenteil war der Fall. Die deutsche Regierungs­chefin hinterließ ein – zumindest in weiten Teilen – tief beeindruck­tes Parlament. Auf den Gängen wurde bedauert, dass sich „diese Politikeri­n“endgültig verabschie­den will und auch einen Wechsel nach Brüssel ausgeschlo­ssen hatte.

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