Nordwest-Zeitung

VIEHMARKT LOCKT TAUSENDE NACH ZETEL

Traditions­fest für alle Generation­en zieht Zehntausen­de in kleinen friesische­n Ort

- VON HANS BEGEROW

Mit dem Viehmarkt am Mittwoch endet traditione­ll der Zeteler Markt.

ie Besucher kommen aus dem ganzen Nordwesten und aus allen Altersstuf­en.

ZETEL – Für Amelie (9) und Daria (6) aus Neuenburg ist es klar. Mama muss ein Pony kaufen, ein Zwergpony wie es Picco Brauner aus Worpswede auf dem Viehmarkt, dem letzten Tag des Zeteler Marktes, aufgetrieb­en hat. Genau so sieht es Hannah (8) aus Zetel. Die Eltern zögern, so bleibt den MGdchen nur, die Zwergponys tüchtig zu streicheln, was die auch geduldig über sich ergehen lassen.

Derweil schaut Picco Brauner über seine kleine Auswahl an Ponys, die er mit nach Zetel gebracht hat. Die Nachfrage ist eher lau, schildert Brauner die Misere der Halter und Züchter. „Streicheln ja, aber kaufen nein. Das hat auch mit den Futterkost­en zu tun. Ein Rundballen Stroh kostet in diesem Jahr 80 bis 100 Euro, vor einem Jahr waren das 25 bis 30 Euro. Die Interessie­rten behalten ihre BestGnde, zugekauft wird nichts.“

Gleichwohl, auch wenn das Marktgesch­ehen nicht sehr lebhaft ist, Brauner nutzt die Anreise nach Zetel stets zum Treffen mit seiner Familie (er stammt aus Wilhelmsha­ven) und zum Grünkohles­sen – für Markt-Liebhaber ein Muss. Mit dem Zeteler Markt wird sozusagen die Kohlsaison eingelGute­t.

Pferdezüch­ter

Nebenan prüft Helmuth Krüsmann aus Bagband das Angebot an

Ponys und Pferden. Gesehen hatte er schon ein interessan­tes Tier, aber zum Kauf konnten sich Anbieter und Krüsmann nicht einigen. Der Ortsbürger­meister von Bagband (Gemeinde Großefehn) hat auch einen kleinen Pferdestal­l zu Hause.

Lebhaft geht es zu bei den Propagandi­sten, die alles Erdenklich­e anbieten: Das Angebot reicht von Schuhpolit­ur über Reinigungs­mittel bis zu Hustenbonb­ons. Es gibt Honigprodu­kte, Kopfkissen mit Bambusfüll­ung und Heilpflanz­enöl. „Es gibt nichts Schöneres als einem Mann beim Fensterput­zen zuzuschaue­n“, wirbt Thomas Mühler aus Hannover um Aufmerksam­keit für seine Reinigungs­produkte. Er stellt sich einer Gruppe Frauen in den Weg und drückt ihnen PutzschwGm­me in die HGnde.

Die Gruppe bleibt stehen Mareike Thümler von sich. und Chris Neumann aus

Oldenburg verschickt­en ein Bild und

Mühler zeigt die Anwendung seines Putztuchs und der Reinigungs­produkte. Er verreibt Fett auf einer Scheibe, das Reinigungs­mittel und das Putztuch beweisen ihre Wirksamkei­t. Zwar kauft von den Frauen keine etwas, aber ein Paar ist stehengebl­eiben und hat sich Mühlers Vorführung angeschaut. Nach und nach packt er eine Tüte mit Reinigungs­produkten, immer mehr verschwind­et in der Tüte, wGhrend der Preis (immerhin 20 Euro) gleich bleibt. Schließlic­h lGsst sich die Frau eine Tüte geben. Seit 18 Jahren bereist Mühler MGrkte wie den in Zetel. Er ist im ganzen Bundesgebi­et unterwegs, seine Saison

dauert von Februar bis Dezember. Ähnlich ist die Saison von Cornelia Meyer-Geidecker bemessen. Sie hat in den Reihen der Schaustell­er ein GeschGft mit KrGuterbon­bons. Glühwein gibt es dort auch, aber nur in Form von Bonbons. Eine kleine Fabrik bei Bremen stellt die Bonbons her. „Zetel ist ein guter Standort“, berichtet sie. Nach dem Herbstmark­t in Zetel kommt noch der Weihnachts­markt in Emden, dann ist die Saison auch für sie vorbei.

WGhrend die Schaustell­er am Morgen, als auf dem Viehmarkt schon reichlich Betrieb war, ihre GeschGfte noch geschlosse­n halten, steigt die LautstGrke am spGten Vormittag. Die FahrgeschG­fte sind jetzt auch in Betrieb, gut besetzt sind an dem milden Herbsttag die GetrGnkebu­den. Der Zeteler Markt ist auch eine Art gewaltiges Nachbar- schaftsfes­t. In zwei Großzelten gibt es Discomusik, in einem weiteren Zelt gibt es Livemusik. AllmGhlich füllen sich Zelte mit Feierlusti­gen. Der alte Hankenhof am Markthamm, dem zentralen Platz in Zetel und Zentrum des Marktgesch­ehens, beherbergt heutzutage ein Architektu­rbüro. Dessen Mitarbeite­r sind freilich zu Hause geblieben, feiern auf dem Markt oder haben ihre Termine nach auswGrts verlegt, denn angeschlos­sen an den als Büro genutzten Teil des alten Bauernhofe­s ist eine Scheune. Und dort ist sozusagen das Zentrum der Feierei. Schon um 10 Uhr morgens ist die TanzflGche gut gefüllt, dröhnen Disco-Rhythmen. Ähnlich laut und gut gefüllt ist es auch im Festzelt am Zeteler Rathaus.

Schneckent­empo

Gegen Mittag wird es auf dem Marktgang eng, der alltags als Neuenburge­r Straße bekannt ist. Vor allem in Höhe der Ausschankb­etriebe und Imbissbude­n geht es nur noch im Schneckent­empo voran. Die gefühlte Geschwindi­gkeit gleicht der beim Betreten eines Fußballsta­dions: Vor der Sicherheit­skontrolle gibt es einen langen Stau. Und mittlerwei­le ist auch der Fußboden nicht mehr eben, sondern gepflaster­t mit unzGhligen kleinen FlGschchen, in denen Hochprozen­tiges abgefüllt war.

Wer dem Disco-LGrm einen Augenblick entfliehen will und trotzdem einem Grünkohlge­richt nicht widerstehe­n kann, ist im Mehrgenera­tionenhaus der Gemeinde, dicht beim Rathaus gut aufgehoben. Dort wird ebenfalls Grünkohl angeboten, und weil das im Mehrgenera­tionenhaus auch Tradition ist, gibt es auch nur alkoholfre­ies Bier. Wirbelig ging es den in Fahrgeschä­ften zu. Picco Brauner Worpswede. aus

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BILDER: HANS BEGEROW Zeteler Markt 2018: Auf dem Viehmarkt haben Amelie (9) und Daria (6) ihre Favoriten entdeckt.
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Lars Krüsmann(links) aus Ulbargen aus Bagband und Helmuth handeln wie in Krüsmann alten Zeiten.
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