Nordwest-Zeitung

Sitzen Belgier bald im Dunkeln?

Atomkraftw­erke unseres Nachbarn machen Probleme

- VON MICHEL WINDE

Deutschlan­d will Belgien in der Krise zur Seite stehen. Allerdings gibt es dabei noch ein Problem.

BRÜSSEL – 17 Uhr, es ist fast dunkel. Spätestens jetzt geht überall das Licht an. Was in Deutschlan­d selbstvers­tändlich ist, könnte im Nachbarlan­d Belgien zum Problem werden. Dort fallen derzeit fast alle Atommeiler wegen Problemen oder Wartung aus. Der Strom wird knapp, zwischenze­itlich stand sogar das große Wort „Blackout“im Raum. Der November gehört nach Angaben des Netzbetrei­bers Elia zu den kritischst­en Monaten. Noch brennt das Licht – aber sitzen die Belgier bald im Dunkeln?

Die belgischen Atomkraftw­erke sind schon lange umstritten. Seit Jahren gibt es vor allem in Deutschlan­d große Sorge über den Zustand der sieben Reaktoren. Feine Risse hier, maroder Beton da – immer wieder gibt es Probleme an den beiden Standorten in Tihange und Doel. Regelmäßig werden Meiler für Reparature­n abgeschalt­et. Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze (SPD) und NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) fordern die Stilllegun­g der Anlagen. Tihange liegt nur rund 70 Kilometer von Aachen entfernt.

Wochenlang lief zuletzt nur ein einziger der sieben Meiler: Doel 3, 1982 ans Netz gegangen, mit einer Leistung von 1006 Megawatt – alle anderen waren wegen Wartungs- oder Reparatura­rbeiten abgeschalt­et. Netzbetrei­ber Elia warnte vor einigen Wochen eindringli­ch: Sollten nicht zusätzlich mindestens 1600 Megawatt besorgt werden, könne man nicht für die Versorgung­ssicherhei­t des Landes garantiere­n.

Inzwischen gibt Elia-Sprecher Tom Demeyer Entwarnung. Anfang November sei es zeitweise kritisch gewesen, räumt er ein. Durchschni­ttlich rund 50 Prozent des belgischen Stroms werden dem Kraftwerk-Betreiber Engie zufolge eigentlich in den Akw Doel und Tihange produziert. Am Montag ging nun der Reaktor Tihange 1 wieder ans Netz – eine Woche früher als geplant. Zwei von sieben Meilern laufen wieder. „Bislang haben wir keinen EnergieEng­pass ausgemacht, aber jedes zusätzlich­e Megawatt ist willkommen“, sagte Demeyer kürzlich.

Zusätzlich­e Megawatt sollen auch aus Deutschlan­d kommen. Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) sagte der belgischen Energiemin­isterin Marie-Christine Marghem jüngst zu, Belgien zur Seite zu stehen. Es sei selbstvers­tändlich, dass Deutschlan­d und andere EUNachbarn Unterstütz­ung leisteten.

Allerdings gibt es bislang noch keine Direktleit­ung zwischen Deutschlan­d und Belgien, der Strom muss einen Umweg über die Niederland­e nehmen. Spätestens 2020 soll sich das ändern. Ende Mktober war Baustart der ersten deutsch-belgischen Strombrück­e. Die Verbindung geht von NRW in die Provinz Lüttich.

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DPA-BILD: BERG Das Atomkraftw­erk Tihange liegt nur rund 70 Kilometer von Aachen entfernt.

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