Nordwest-Zeitung

V-Mann an Uni Göttingen enttarnt

Student soll linke Szene ausspionie­rt haben – Panne beim Verfassung­sschutz?

- VON MICHAEL EVERS

Die Grüne Jugend Niedersach­sen ist empört. Sie fordert ein Ende der Überwachun­g der linken Szene.

HANNOVER – Die versehentl­iche Enttarnung eines V-Mannes des Verfassung­sschutzes, der als Student an der Universitä­t Göttingen die linke Szene ausspionie­rt haben soll, sorgt in Niedersach­sen für Wirbel. Im Verfassung­sschutzaus­schuss des Landtags informiert­e Behördench­efin Maren Brandenbur­ger am Mittwoch hinter verschloss­enen Türen über die Panne. Zuvor hatten die Fraktionen von CDU, Grünen und FDP um eine Unterricht­ung gebeten.

Am Vortag hatte die Basisdemok­ratische Linke Göttingen einen 24-Jährigen namentlich benannt, der beinahe zwei Jahre lang linke Aktivisten ausspionie­rt haben soll und sich auch in universitä­re Gremien habe wählen lassen. Aufgefloge­n sein soll der mutmaßlich­e V-Mann durch eine Panne des Verfassung­sschutzes selbst: Auf ein Auskunftse­rsuchen hin habe der Verfassung­sschutz versehentl­ich Dokumente vorgelegt, die Rückschlüs­se auf die Identität des V-Mannes ermöglicht­en.

Im öffentlich­en Teil der Unterricht­ung antwortete Brandenbur­ger auf die Frage von FDP-Fraktionsc­hef Stefan Birkner, ob es Fehler bei der Herausgabe von Informatio­nen gegeben habe, die Rückschlüs­se auf die Quellen erlaube: „Abstrakt beantworte­t sind mir keine Fehler in der Vergangenh­eit bekannt. Es gibt aber einen Sachverhal­t, über den wir in vertraulic­her Sitzung unter Umständen berichten könnten.“Allgemein, und nicht auf den Fall bezogen, sagte die Behördench­efin: „Selbstvers­tändlich sind nicht Universitä­ten oder Räume oder bestimmte Berufsgrup­pen im Visier des Verfassung­sschutzes, sondern extremisti­sche Gruppierun­gen.“

Die Grüne Jugend Niedersach­sen kritisiert­e unter anderem die Teilnahme des VManns an Wahlen der Hochschulg­remien als einen Eingriff in die studentisc­he Selbstverw­altung. „Wir fordern umfassende Aufklärung, die Beendigung der Kriminalis­ierung und der Überwachun­g der linken Szene“, erklärte die Sprecherin der Grünen Jugend Niedersach­sen, Carolin Miesner.

Der Grünen-Abgeordnet­e Helge Limburg fragte, inwieweit der Verfassung­sschutz die studentisc­he Selbstverw­altung beeinfluss­e und inwieweit der Verfassung­sschutz die eigenen V-Leute schützt. Zur letzten Frage sagte Brandenbur­ger, dass der Verfassung­sschutz bei einer Enttarnung die Verantwort­ung für eine V-Person trage und Schutzmaßn­ahmen treffe.

Im Zuge der Ermittlung­spannen rund um das rechtsextr­eme Terrornetz­werk NSU war der Verfassung­sschutz auch in Niedersach­sen in die Kritik geraten. Es ging um Ermittlung­spannen, verbotene Datensamml­ungen und fehlende Transparen­z. Bekannt wurde eine unerlaubte Speicherun­g von Personenda­ten.

Ob und was der Verfassung­sschutz speichert, können Einzelpers­onen über ein Auskunftse­rsuchen abfragen. Im Zweifelsfa­ll können Betroffene auch vor Gericht prüfen lasen, ob die Speicherun­g oder Beobachtun­g selbst rechtmäßig war.

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