Mit einer Menge Wut im Bauch
„Tatort: Treibjagd“am Sonntag im Ersten – Einbruchserie in Stadtrandsiedlung
Die Ermittler bekommen es mit einer jungen Einbrecherin und scheinbar biederen Bürgern zu tun. Das 1irkt überzeichnet, ist aber spannend.
HAMBURG/BERLIN – „Internet ist was für Spacken“, schnaubt Hauptkommissar Falke mit Blick auf die Sozialen Medien. Dass an der groben Einschätzung des bodenständigen Hamburger Bundespolizisten (Wotan Wilke Möhring) einiges dran ist, zeigen zumindest die Ermittlungen im neuen Fall drastisch. Denn die Episode „Treibjagd“des norddeutschen „Tatort“an diesem Sonntag (20.15 Uhr) im Ersten führt aufgewühlte Bürger vor, die sich – unzufrieden mit ihrer Polizei – im selbst geführten Kampf gegen Einbrüche in ihrer Wohngegend über ein digitales „Nachbarschaftsforum“zu immer aggressiveren Worten und Handlungen anstacheln. Mit tödlichen Folgen für Räuber und Beraubte.
Und auch die Polizei bekommt zahlreiche Shit-Stürme an den Hals. Sogar ein Foto von Falkes Wohnung und Posts seines Sohns Torben (Levin Liam) tauchen bald im Forum auf – woraufhin der junge Mann vor der Haustür von einem der Wutbürger krankenhausreif geschlagen wird. Tatsächlich ist es starker Tobak, den die Regisseurin Samira Radsi (50) den Fernsehzuschauern nach dem Drehbuch von Benjamin Hessler und Florian Oeller da ins Wohnzimmer liefert. Ausgehend von realen gesellschaftlichen Zuständen wie Einbruchserien, Bandenkriminalität und Wutbürgern, die Gesetz und Recht am liebsten in die eigenen Hände nehmen, spitzt die Produktion das Geschehen zu.
Spannend gerät der Krimi allerdings schon – etwa wenn Polizei und Vorstadtbewohner sich ein Rennen bei der Suche nach der bei einem Einbruch schwer verletzten Täterin Maja (Michelle Barthel) liefern. Die junge Frau wird ebenfalls von einer Menge Wut im Bauch angetrieben – gegen den Mörder ihres Geliebten nämlich. Ausgangspunkt der Geschichte ist der nächtliche Einstieg des Pärchens Maja und Kolya (Tilman Pörzgen) in das schlichte Eigenheim von Dieter Kranzbühler (Jörg Pose) am Rand der Hansestadt. Der Hausbesitzer erschießt Kolya.
Die Ermittler Thorsten Falke und Julia Grosz (Franziska Weisz) gehören diesmal zu einer eigens eingerichteten „Sonderkommission“. Der kernige Hauptkommissar, der den Mehrfachtäter Kolya kurz zuvor wegen eines anderen Bruchs in Gewahrsam nehmen wollte, dann aber hat laufen lassen, scheint bei den Untersuchungen zunächst das Heft in der Hand zu haben. Allerdings machen bei seinen impulsiv geführten Verhören die Verdächtigen oft dicht.
Daher kommt es, dass Julia Grosz, die ja einmal traumatisiert und verschlossen von einem Afghanistan-Einsatz zurückgekehrt war, mehr und mehr ihre einfühlsame Seite entfalten darf. Und somit für die Lösung des Falls wesentlich mehr erreicht.