Auf der anderen Seite der Theke
NWZ-V–lontär Soeke Heykes berichtet von seinen Erlebnissen in einem Ausschankbetrieb
Wer auf dem Zeteler Markt arbeitet, braucht starke Nerven und Ausdauer. Was für mich die größte Herausforderung war, lest ihr hier.
ZETEL – Ee MeL Mittwoch, halb elf Uhr vormittags. Ich gönne mir noch einen Kaffee, dann geht es los. Vorbei an zahllosen Personen, die stets ein Bier in der Hand haben. Der Boden ist asphaltiert mit kaputten Flaschen und Plastikbechern. Ich laufe über den Zeteler Markt.
Dann stehe ich vor dem Alpenhaus. Ein rustikaler Ausschankbetrieb. Das Haus ist gut gefüllt, ich dränge mich durch die Massen, passe auf, dass ich niemandem sein Getränk verschütte.
René Janßen, seit vier Jahren Betreiber des Alpenhauses, begrüßt mich mit einem herzlichen „Moin“. Er gibt mir eine grün-weiß karierte Schürze. Besonders schön ist das rot-weiße Herz mit der Aufschrift „Alpenhaus“, sehr maskulin. René Janßen fragt mich, ob ich schon mal hinter einer Theke stand, ich muss es verneinen. „Soll ich dich einfach so reinschmeißen?“, fragt er weiter. Ich sag zu ihm: Warum nicht?
Als ich die Theke betrete, habe ich direkt das Gefühl, ich würde im Weg stehen. Links und rechts laufen die Mitarbeiter hin und her, nehmen Bestellungen entgegen, schenken aus und holen aus den Schränken neue Flaschen. „Es ist eigentlich gut, dass du da bist, uns fehlen nämlich zwei Leute“, sagt René Janßen. Noch zwei mehr, denke ich, wie soll das denn passen?
Dann steht eine junge Frau vor mir, Isabell Janßen, sie ist die Frau von René. Zuerst stellt sie mich vor den Zapfhahn. „Am besten das Glas möglichst schräg halten“, empfiehlt sie mir. Ich versuche es. Nicht das erste Mal, dass ich ein Bier zapfe. Allerdings war es sonst immer für mich. „Das klappt ja schon sehr gut“, sagt Isabell Janßen. Danach zeigt sie mir noch, wo es den Glühwein und Grog gibt und wo die Charlys, ColaKorn und die anderen Mixgetränke eingeschenkt werden, dann wird es ernst für mich.
„Zapf erst mal fünf Bier halb vor“, sagt Isabell Janßen zu mir. Direkt danach sagt mir eine andere Frau, sie bräuchte 13 Bier. Eins, zwei, drei, langsam kommt Stress auf. Das ein oder andere Bier muss zwar nachgezapft werden, es war zu viel Schaum drin, aber sonst war es gar kein schlechter Anfang, fand ich.
Im Anschluss geht es an die Spüle. Die Gläser türmen sich immer höher neben mir. Schnell muss es gehen, aber natürlich sollte jedes Glas am Ende auch sauber sein. Dabei kann man unmöglich trocken bleiben, da macht die schöne Schürze plötzlich Sinn.
Während ich weiter die Gläser spüle, trifft mich der suchende Blick eines Gastes. „Zwei Bier“, sagt er. Erst habe ich ihn nicht verstanden. Die Lautstärke, die dort herrscht, macht es für mich sehr schwer. Aber bevor ich etwas Falsches ausschenke, habe ich noch einmal nachgefragt.
Die größte Herausforderung für mich ist allerdings das Kopfrechnen. Bei kleinen Bestellungen geht es, aber wenn dann sieben oder neun verschiedene Getränke bestellt werden, ist es doch nicht so einfach. „Leute, die noch Kopfrechnen können, sind schwer zu finden“, sagt Isabell Janßen zu mir. „Mit der Zeit geht das aber besser.“
Sie soll Recht behalten. Nach einer halben Stunde habe ich Bestellungen angenommen, das richtige Wechselgeld ausgegeben und wusste, wo was steht. Nur die richtige Mischung von Getränken hinzubekommen, ist eine andere Sache: „Du gehst ja vorsichtig damit um“, sagt ein Gast auf der anderen Seite der Theke zu mir. „Könnte ich noch etwas mehr Cola haben, der brennt mir zu sehr im Hals“, sagt wiederum ein anderer.
Gegen 12.30 Uhr habe ich mich vom Alpenhaus verabschiedet. Für mich ist sozusagen Feierabend. Für die Mitarbeiter ist aber noch lange nicht Schluss. „Wir versuchen zwischendurch mal eine kurze Pause zu machen und was zu essen“, sagt René Janßen. Dass er seit acht Uhr morgens auf den Beinen ist, und sein Tag nicht vor 23 Uhr endet, sagt mir seine Frau.
Auf dem Rückweg merke ich erst, was für eine körperliche Belastung diese Arbeit ist. Während ich an der Theke stand, hatte ich keine Zeit darüber nachzudenken, aber auf dem Zeteler Markt hinter der Theke zu stehen, ist wirklich eine Herausforderung.
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