Weniger Kühe – aber immer mehr Milch
Zahl der Betriebe sinkt in Niedersachsen um 300 – Osnabrücker Tiere am produktivsten
Die Milchleistung litt 2018 nicht unter den Auswirkungen der Dürreperiode. Im Osten Deutschlands gibt es die größten Kuhherden.
OSNABRÜCK/HANNOVER – Das Jahr 2018 war geprägt von Hitze und Trockenheit. An einer schon seit einiger Zeit zu beobachtenden Entwicklung in der Milchwirtschaft änderte aber auch das Dürrejahr 2018 nichts: Immer weniger Kühe geben in immer weniger, aber größeren Betrieben, immer mehr Milch.
Wie bereits in den vergangenen Jahren setzte sich der rasante Strukturwandel fort und führte zu einem starken Rückgang der deutschen Milchviehbetriebe um 4,1 Prozent – nur noch 42 390 Betriebe melken bundesweit (Stichtag: 30. September 2018). Auch in Niedersachsen verringerte sich die Zahl der Betriebe um weitere 300 (mit annähernd 10 000 Kühen) auf jetzt noch 7040.
Erstmals nahm in Niedersachsen auch die Zahl der Kühe leicht ab – auf nunmehr 770000. Damit kam es zu einer durchschnittlichen Herdengröße von 109. Noch vor 50 Jahren hatte jeder Betrieb im Schnitt nur ein Zehntel davon im Melkstand.
Mit den Kuhherden im Osten Deutschlands können die Niedersachsen indes nicht mithalten. In Sachsen-Anhalt sind die Herden im Schnitt 330 Kühe groß. In Brandenburg melken Betriebe im Schnitt gar 402 Tiere.
Die Milchleistung litt indes nicht unter den Auswirkungen der Dürreperiode. Sie stieg im Kontrolljahr (1. Oktober 2017 bis 30. September 2018) gegenüber dem Vorjahr in Deutschland um 302 Kilogramm auf 8843 Kilo pro Kuh und Jahr. Vor 50 Jahren war sie nicht einmal halb so hoch. Die jetzigen Steigerungen sind den guten Futterqualitäten im vergangenen Winter zu verdanken.
„Der Milchbauer lebt von der Reserve“, heißt es aktuell. In allen Bundesländern wurde erstmals die Schwelle von 8000 Kilogramm überschritten – sogar in Bayern, wo jede vierte deutsche Kuh gemolken, aber Fleischrinder bevorzugt werden, mit 8015 Kilo.
Niedersachsens Kühe verbesserten sich um 309 Kilogramm auf 9304 Kilo Milch. Angeführt wird die Länderrangliste aber von SachsenAnhalt mit 9832 Kilo Milch. Im Osten wird früh selektiertL nur die Milchleistung zählt. Oft werden die Kühe schon nach der dritten Laktation zum Schlachter geführt.
Bezogen auf den Kontrollverband sind die Osnabrücker Kühe allerdings die besten. „Klein, aber fein“– so beschreiben die Beobachter den kleinen Verband mit nur noch 30 000 Kühen in nicht einmal 400 Betrieben zwischen Bersenbrück und Glandorf, die mit einer außergewöhnlichen Leistungssteigerung um 351 Kilogramm ihren Vorsprung auf 10318 Kilogramm Milch ausbauten. Erstmals wurde in einem Herdbuch-Verband eine Leistung von im Schnitt mehr als 10000 Kilogramm Milch pro Kuh erreicht.
Marketingchef Dr. Andreas Kandzi vom Verband in Melle führt die Leistungssteigerung auf die sehr gute Grundfutterversorgung zurück. Es kämen, so Kandzi weiter, zwei Voraussetzungen für ertragreiche Kühe zusammen: Gutes Tiermanagement und beste Genetik. „So haben wir den besten Phänotyp.“Für gute Werte sorgen dort QualitätsBullen, die genomisch getestet werden. „Und nur die Besten werden bei uns miteinander gepaart“, sagt der Experte.
Nach Osnabrück folgt in Niedersachsen die Region Emsland/Südoldenburg. Hier werden noch 84 000 Kühe gemolken, die im Schnitt auf 9834 Kilo Milch kommen. Deutlich dahinter rangiert Friesland mit 8760 Kilogramm Milch pro Kuh.
Der Einfluss des Extremsommers wird in vielen Regionen bei der Veränderung des Fettgehalts ersichtlich: Der im Vergleich zum Vorjahr leichte Rückgang auf durchschnittliche 4,04 Prozent pro Kilo Milch ist womöglich auf strukturärmere Futterrationen und heiße Sommertage zurückzuführen. Aufgrund der gestiegenen Milchmenge sind Fett- und Eiweißmenge etwas höher als in 2017: Jede Kuh hat durchschnittlich 8 Kilogramm mehr Fett und 10 Kilo mehr Eiweiß produziert.
International schneiden die deutschen Kühe immer noch recht gut ab. Dänemark, Südkorea und natürlich Israel haben ertragreichere Kühe, auch Ungarn, Schweden und Japan zogen an den deutschen Kühen vorbei, während Wales die Resultate verminderte.