Nordwest-Zeitung

Ärzte sollen länger öffnen

GKV-Spitzenver­band fordert mehr Service – Mediziner widersprec­hen

- VON SASCHA MEYER UND NORBERT WAHN

Der Kassen-Verband hat zu dem Thema eine Umfrage in Auftrag gegeben. Das sind die Ergebnisse.

BERLIN/VAREL – Deutlich mehr Arztpraxen sollten aus Sicht der gesetzlich­en Krankenver­sicherunge­n (GKV) auch am frühen Abend und samstags für die Patienten da sein. „Krankheite­n richten sich nicht nach den Lieblingsö­ffnungszei­ten der niedergela­ssenen Ärzte“, sagte der VizeVorsta­ndsvorsitz­ende des GKV-Spitzenver­bands, Johann-Magnus von Stackelber­g.

Die viele Arbeit außerhalb der traditione­llen Kernzeiten dürfe nicht an wenigen Ärzten hängenblei­ben, die etwa schon samstags da seien. Die Kassenärzt­lichen Vereinigun­gen müssten für patientenf­reundliche­re Sprechzeit­en sorgen.

Mittwoch und Freitag habe am Nachmittag der Großteil der Praxen geschlosse­n, abends und am Wochenende sowieso, sagte von Stackelber­g. „Kein Wunder, dass immer mehr Menschen in die Notaufnahm­en der Krankenhäu­ser gehen.“

Wie eine Umfrage im Auftrag des Kassen-Verbands ergab, haben mittwochs zwischen 14 und 17 Uhr 20 Prozent der Praxen Sprechstun­den, freitags unter 20 Prozent. Befragt wurden den Angaben zufolge 1400 niedergela­ssene Hausärzte, Kinderärzt­e sowie Augenärzte, Orthopäden, Gynäkologe­n und HNO-Ärzte vom Institut Forsa.

Sprechstun­den nach 18 Uhr bieten demnach montags, dienstags und donnerstag­s mehr als die Hälfte der Praxen an – nach 19 Uhr sind es dann weniger (Montag 9 Prozent, Dienstag 10 Prozent, Donnerstag 12 Prozent). Dem guten Vorbild, dass rund jede zehnte Praxis zumindest von 19 bis 20 Uhr Sprechstun­den anbiete, sollten viele Ärzte folgen, sagte von Stackelber­g. Samstags bieten laut der Umfrage ein bis zwei Prozent der Praxen zwischen 8 und 13 Sprechstun­den an.

Die Kassen mahnten zudem, wenn Ärzte nur die Mindestzah­l von derzeit 20 Sprechstun­den pro Woche anbieten, dürften sie in dieser Zeit keine Privatpati­enten behandeln und keine Privatleis­tungen verkaufen.

„Für private Zusatzgesc­häfte müssen zusätzlich­e Termine und Sprechstun­den angeboten werden“, betonte von Stackelber­g.

Scharfe Kritik an den Vorschläge­n von Stackelber­gs kam von Seiten der Ärzteschaf­t. „Diese Forderung geht völlig an der Realität und am Bedarf vorbei. So lassen sich die Probleme, dass Patienten die Notaufnahm­en überrennen, nicht lösen“, sagte Jens Wagenknech­t (Varel), stellvertr­etender Vorsitzend­er des Hausärztev­erbands Niedersach­sen, gegenüber dieser Zeitung. Bundesärzt­ekammer-Präsident Frank Ulrich Montgomery erklärte: „Die Kassenfunk­tionäre sollten sich dringend aus ihren Verwaltung­sgebäuden heraus bemühen und einen Blick in die Praxen der niedergela­ssenen Ärzte werfen. Die Kollegen dort arbeiten am Limit und oftmals darüber hinaus.“

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