Ein Blick hinter mittelalterliche Mauern
24 Nonnen des Benediktinerordens leben in einstiger Ritterburg – Ständige Renovierungsarbeiten
73. Jahrgang
Es muss nicht immer Weiß sein: Zarte Apricot- und Rosé-Töne spielen in der Brautmode eine große Rolle. Hinter den alten Mauern, auf der ältesten Burganlage des Oldenburger Münsterlandes, leben und arbeiten die Benediktinerinnen der Abtei Sankt Scholastika. Gäste sind willkommen.
DINKLAGE – Der Tag im Kloster beginnt um 5.45 Uhr. Eine Glocke ruft die Schwestern in die kleine Scheunenkirche. Zeit für die Laudes, den morgendlichen Lobgesang. Meist sind die Nonnen zu dieser frühen Stunde noch unter sich. Die insgesamt fünf öffentlichen Gottesdienste bestimmen den Rhythmus in ihrem Tagesablauf. „Ora et labora“, bete und arbeite, lautet die Ordensregel der Benediktinerinnen. Ein Leben, das vielen fremd erscheint – und doch alles andere als weltfremd ist.
Wie im Bilderbuch
Schon der erste Blick auf die einstige Ritterburg der Herren zu Dinklage – das heutige Kloster – macht neugierig. Wie im Bilderbuch, umgeben von einem märchenhaften Buchenwald, erheben sich die teils meterdicken Wehrmauern, krumm und schief durch die Last der Jahrhunderte, aus dem Wassergraben. Nur eine schmale Holzbrücke verbindet die Außenwelt mit der Klosterpforte. Man muss einen Augenblick warten, bevor Schritte nahen und das energische Rasseln eines Schlüssels zu vernehmen ist. Schwester Ulrike, 57 Jahre alt, mit einem offenen, freundlichen Gesicht und vielen Lachne → Weitere Trends auf fältchen hinter den Brillengläsern, heißt mich willkommen. Wie alle Benediktinerinnen trägt sie die schwarze Ordenstracht mit Schleier. Sie ist vor 24 Jahren in das Kloster eingetreten und für die Öffentlichkeitsarbeit der Abtei zuständig. „Ich wusste sofort, hier würde ich mich wohlfühlen“, sagt die studierte Theologin und weist mit einladender Geste in den Innenhof.
Ich stehe und staune. Ein komplettes Fachwerkensemble, stilecht restauriert, umgibt den mit Natursteinen gepflasterten Platz. Links, am Apostelgang, rankt ein armdicker Weinstock. Rechts der Konvent, ein Herrenhaus aus dem 16. Jahrhundert. Und geradeaus die 1961 zur Klosterkirche umgebaute Scheune – haben dort die recht raubeinigen Herren von Dinklage gehaust. Doch seit Heinrich SEITE 3 ergreifend in ihrer schlichten Natürlichkeit. „Auch Jesus ist in einem Stall zur Welt gekommen“, so die Ordensfrau. Ebenso einfach wie eindrücklich zeigt sich das Gotteshaus von innen. Fachwerkbalken nehmen die Form des Kreuzes auf, der Altar ruht auf Findlingen aus dem alten Scheunenboden. Selbst der Heilige Benedikt hält sich bescheiden im Hintergrund – eine liebevoll geschnitzte Holzfigur im Wandgefach, daneben eine Kerze.
Einzug der Nonnen 1949
Es sei ein hartes Stück Arbeit gewesen, bevor die Schwestern die Burg bewohnbar und für ihre Zwecke nutzbar machen konnten, erzählt von Galen Anno 1641 die Burg bezog, um die Region Vechta für den katholischen Glauben zurück zu gewinnen, weht ein kirchlicher Geist durch ihr Gemäuer. Auch Clemens August Kardinal von Galen (1878-1946), bekannt als „Löwe von Münster“, erblickte dort das Licht der Welt. Sein Neffe, Graf Christoph von Galen, schenkte das Anwesen 1946 einer Gruppe von Benediktinerinnen aus dem damals sowjetisch besetzten Alexanderdorf (Märkische Heide).
Seitdem dient
es den Ordensschwestern meine Begleiterin. Das Anwesen wurde ihnen 1949 als Schenkung der Familie von Galen übereignet. Bei Einzug der Nonnen gab es nicht einmal fließend Wasser, geschweige denn Sanitäranlagen. Und das Sanierungsprogrammseibisheutenichtabgeschlossen. Zurzeit stehe gerade die Renovierung der „Alten Rentei“an, ein Gebäude, das im Kern bis auf das 15. Jahrhundert zurückgeht. „Wir verdienen zwar unseren Lebensunterhalt selbst“, so Schwester Ulrike, „aber für den Erhalt der denkmalgeschützten Burganlage müssen wir schon sehen, dass wir Fördermittel in Anspruch nehmen können.“
Derzeit wohnen dort 24 Nonnen. Liturgie, Gebet, als „Domus Dei“– als Haus Gottes. Besucher sind eingeladen, an den täglichen Gottesdiensten und Kursangeboten teilzunehmen.
Das öffentliche Klostercafé
ist freitags bis sonntags von 13.30 bis 17.30 Uhr geöffnet. Der Klosterladen öffnet dienstags bis samstags von 14.30 bis 17.30 Uhr, sowie zusätzlich an Samstagen von 10.30 bis 11.45 Uhr und an Sonntagen von 15 bis 17 Uhr.
Mehr Infos unter www.abteiburgdinklage.de Hostienbäckerei, eine Weberei, einen Klosterladen und ein Klostercafé. Sie fertigen Messgewänder an, malen Ikonen, gestalten Kerzen, halten Vorträge und engagieren sich in pastoral-seelsorgerischen Bereichen. Nicht zuletzt unterhalten sie ein Gästehaus für Auszeiten im Kloster, bieten auch Führungen, gemeinsame Feiern und Exerzitien für interessierte Besucher an.
Modernes Klosterleben
Trotzdem die Frage: Passt das Klosterleben überhaupt noch in unsere moderne Zeit? „Ich finde, es ist sehr aktuell“, betont Schwester Ulrike, „viele Menschen suchen nach einer Vertiefung ihres Lebens und nach einer Dimension darüber hinaus. Nur die reine Orientierung an dem, was greifbar und begreifbar ist, füllt sie nicht aus.“Sie selbst empfinde diese Lebensform jedenfalls als sehr befriedigend und privilegiert, „nicht im Sinne von Allestun-Können, sondern von Intensität. Da ist Vielfalt, Freude und Tiefe drin.“
20.30 Uhr. Die kleine Kirchenglocke läutet zur Vigil. Es ist der letzte Gottesdienst an diesem Tag. Er endet mit dem Nachtsegen der Äbtissin. Im Halbrund stehen Schwester Ulrike und ihre Mitschwestern um den Altar herum. Ungeschminkte, einprägsame Gesichter, zwischen 36 und 93 Jahre alt. Sie teilen ihren Glauben und ihr Leben miteinander. In der Regel bis zum Begräbnis auf dem klostereigenen Friedhof. entstehen Stoffe Am Webstuhl Gewänder. praktische Arbeit, Kontemplation und Entspannung gehen fließend ineinander über. In allem, sagt Benedikt, soll Gott verherrlicht werden. Auch, dass die Gemeinschaft von ihrer Hände Arbeit leben soll. So betreiben die Benediktinerinnen auf dem Klostergelände eine eige-