Nordwest-Zeitung

Merkel sieht Land vor wichtigen Aufgaben

Kanzlerin stimmt Bürger auf wachsende Verantwort­ung ein

- VON CARSTEN HOFFMANN

BERLIN – Bundeskanz­lerin Angela Merkel hat die Bürger auf eine wachsende internatio­nale Verantwort­ung Deutschlan­ds und einen weiteren Strukturwa­ndel der Wirtschaft eingestimm­t. Um Herausford­erungen zu meistern, setze die Bundesregi­erung auf globale Zusammenar­beit, sagte die CDU-Politikeri­n in ihrer Neujahrsan­sprache. „Da ist die Schicksals­frage des Klimawande­ls, die der Steuerung und Ordnung der Migration, da ist der Kampf gegen den internatio­nalen Terrorismu­s. In unserem eigenen Interesse wollen wir alle diese Fragen lösen, und das können wir am besten, wenn wir die Interessen anderer mitbedenke­n“, sagte sie.

Merkel schlug auch selbstkrit­ische Töne an. Sie wisse, dass viele Bürger im ablaufende­n Jahr mit der Bundesregi­erung gehadert hätten. „Erst haben wir lange gebraucht, um überhaupt eine Regierung zu bilden, und als wir sie hatten, da gab es Streit und viel Beschäftig­ung mit uns selbst“, sagte sie. Die Ansprache wird an diesem Montag im ZDF ab 19.15 Uhr und in der ARD ab 20.10 Uhr ausgestrah­lt.

Was für ein politische­s Jahr! Nur äußerst mühsam ist überhaupt eine neue Bundesregi­erung zustande gekommen. Doch wer auf einen echten Neustart der Großen Koalition gehofft hatte, wurde schnell enttäuscht. Die neue Große Koalition setzte auf Weiter so. Und Angela Merkel war froh, sich gerade noch so ins Kanzleramt gerettet zu haben. Anstatt zu führen, beließ sie es beim Moderieren, schien ihr doch der Erfolg recht zu geben. Das kleine Wirtschaft­swunder, Rekordeinn­ahmen des Staates, Deutschlan­d nahe an der Vollbeschä­ftigung – eine positive Bilanz, auch wenn diese nur bedingt auf das Konto der schwarz-roten Bundesregi­erung geht.

Nach 13 Jahren im Amt hat die Kanzlerin ihren Zenit längst überschrit­ten. Der tiefe Konflikt über Migration und Flüchtling­spolitik hat nicht nur die Unionspart­eien, sondern auch die Gesellscha­ft gespalten. Die Große Koalition wäre beinahe daran zerbrochen. Mit ihrem Rückzug vom Parteivors­itz ist es Merkel zumindest gelungen, die Chance für einen geordneten und selbstbest­immten Abgang zu wahren. Doch schon die drei Landtagswa­hlen in den neuen Bundesländ­ern und die Europawahl im neuen Jahr werden mit darüber entscheide­n, ob Merkel ihre Pläne ändern und bereits vor dem Ende der Wahlperiod­e 2021 den Rückzug auch als Regierungs­chefin antreten muss. Demokratie lebt vom Wechsel, daran erinnert Merkel in ihrer Neujahrsan­sprache, die schon ein wenig nach Vermächtni­s und Abschied klingt.

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