Nordwest-Zeitung

Euro bleibt eine stabile Währung

- VON JÖRN BENDER

Otmar Issing (82) gestaltete die Europäisch­e Währungsun­ion mit: Der Würzburger war zunächst Chefvolksw­irt der Bundesbank und ab 1998 in der gleichen Position bei der Europäisch­en Zentralban­k (EZB).

FRAGE: Zas ist der größte Erfolg des Euro?

ISSING: Der größte Erfolg des Euro lässt sich ganz einfach definieren: Der Euro ist eine stabile Währung. Die Europäisch­e Zentralban­k hat das erreicht, was die Politik versproche­n hat, nämlich einen stabilen Euro. In den ersten knapp 20 Jahren der Existenz des Euro war die durchschni­ttliche jährliche Inflations­rate 1,7 Prozent. In den 50 Jahren der Existenz der DMark betrug dieser Wert 2,8 Prozent. Das ist vor dem Hintergrun­d vieler pessimisti­scher Voraussage­n bei der Einführung des Euro ein riesengroß­er Erfolg.

FRAGE: Haben Sie Verständni­s, dass sich viele Menschen die D-Mark zurückwüns­chen? ISSING: Ich glaube gar nicht, dass es so viele Menschen sind. Die jüngere Generation weiß es ja eigentlich kaum mehr, dass es mal die D-Mark gab. Das ist Nostalgie, die entzündet sich dann am Preis für die Maß Bier beim Oktoberfes­t in München, und die Leute vergessen dann, dass auch zu D-Mark-Zeiten dieser Preis von Jahr zu Jahr immer angestiege­n ist.

FRAGE: Welche Defizite sehen Sie in der Währungsun­ion? ISSING: Das größte Defizit, mit dem die Währungsun­ion konfrontie­rt ist, liegt im Folgenden: Die EZB hat eine stabilität­sorientier­te Geldpoliti­k betrieben, die Regierunge­n haben ihre Hausaufgab­en zu einem großen Teil nicht gemacht. Sie haben die Staatsfina­nzen in vielen Fällen nicht unter Kontrolle gehalten, der Stabilität­s- und Wachstumsp­akt wurde mehrfach verletzt – nicht zuletzt von Deutschlan­d und Frankreich im Jahr 2003. Das war der Anfang dieser Erosion des Stabilität­sgedankens für die Fiskalpoli­tik in Europa. Die Regierunge­n haben in vielen Fällen bis heute nicht wirklich begriffen, dass mit dem Wegfall der eigenen Währung die Möglichkei­t der Abwertung der Währung entfällt.

FRAGE: Wie sehen Sie die Zukunft des Euro?

ISSING: Der Euro wird weiter existieren. Ein Scheitern des Euro kann ich mir überhaupt nicht vorstellen. Die Frage muss man eigentlich anders stellen: Welche Art Euro wird uns die Zukunft zeigen? Diese Frage ist ja noch nicht entschiede­n mit dem Hinweis auf die ersten 20 Jahre. In einem anderen Umfeld mit größerem Inflations­druck, mit schlechter nationaler Finanzpoli­tik wird die Bewährungs­probe für die Europäisch­e Zentralban­k in ganz anderer Form kommen, als wir das bisher gewohnt sind.

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DPA-BILD: DEDERT

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