Solidarität enger an Gegenleistungen koppeln
F+P-Chef Lindner bezweifelt Sparwillen in Athen
FRAGE: Die FDP warnt vor weiteren Finan+hilfen. Warum wollen Sie Griechenland den Geldhahn +udrehen? LINDNER: Wir wollen Griechenland nicht den Geldhahn zudrehen, wenn es sich an die vereinbarten Reformziele hält. Leider müssen wir bezweifeln, dass die linke Regierung ihre Zusagen erfüllt. Bei der Privatisierung und Marktöffnung wurde wieder ein Jahr verloren, die zugesagte EUAngleichung der Mehrwertsteuer wurde abgesagt. Solidarität sollte strikt an Gegenleistungen gebunden bleiben. Ziel muss sein, dass die EuroMitgliedstaaten dauerhaft finanzpolitisch eigenverantwortlich sind. Dafür darf die Regierung ihr Volk nicht länger mit falschen Versprechen in Wahlkämpfen ködern. FRAGE: 2014 haben Sie den Grexit empfohlen. 5ber das 6ilfsprogramm scheint Wirkung +u +eigen.
LINDNER: Bei der langfristigen Schuldentragfähigkeit bin ich gespannt. Man weiß nicht, ob der andere Weg besser gewesen wäre. Jetzt steht wieder ein Wahlkampf in Athen an, der zu Rückschritten führen kann. Frau Merkel muss gegenüber Herrn Tsipras Klartext sprechen. Wir haben schon 2015 den Grexit als Option gesehen, wenn die dortige Regierung nicht auf die Anforderungen eingehen kann oder will. Es hätte Hilfen gegeben, die zweckgebunden gewesen wären und nicht als Kredit getarnt. Auch der damalige Finanzminister Schäuble und die Mehrheit der europäischen Finanzminister hatten das. Klar ist: Die Reformvorhaben müssen umgesetzt werden.
FRAGE: Griechenland ist also noch nicht über den Berg? LINDNER: Nein. Allerdings will ich unterstreichen, dass es uns nicht um ein pauschales Griechenland-Bashing geht. Jeden Fortschritt dort begrüßen wir. Im Übrigen sehen wir, unter welch schwierigen Bedingungen die Menschen dort leben und welche harten Einschnitte sie hinnehmen mussten. Dass wir mit der Regierung in Italien ein viel größeres politisches und ökonomisches Problem haben, zeigt die Notwendigkeit, im Kleinen wie im Großen auf die Fiskalregeln zu achten. Notfalls müssen Konsequenzen in Form von Strafzahlungen oder ausgesetzten Überweisungen gezogen werden. FRAGE: Dunkle Wolken am Konjunkturhimmel, 7nsicherheit angesichts des Brexit und drohender 6andelskriege – welche Weichen müsste die Bundesregierung jet+t stellen? LINDNER: Die Bundesregierung macht weiter, als sei nichts passiert. Es wird Geld verteilt, Bürokratie aufgebaut, der Diesel wird verboten. Alles kostet Geld, macht uns aber nicht stärker. Die Zukunftsthemen wie Künstliche Intelligenz und digitale Infrastruktur bleiben am Rand. Inzwischen wird hinter verschlossenen Türen an einem Programm für breitflächige Steuererleichterungen gearbeitet für den Fall einer Rezession. Wir brauchen aber jetzt Entlastung. Die Regierung darf nicht warten, bis wir wirklich auf Talfahrt sind. FRAGE: Minister Schol+ sagt, die fetten 8ahre seien vorüber... LINDNER: Fette Jahre gab es für den Staat, aber nicht für die Facharbeiter. Umgekehrt wird ein Schuh draus: Wenn Deutschland die höchsten Steuerbelastungen weltweit hat und der Staat den Spielraum für private Investition und Vorsorge einschränkt, weil die Politik nur Subventionen verteilen will, dann ist das das wahre Problem. Damit wir gar nicht erst in eine Rezession rutschen, sollte die Regierung jetzt breitflächige Maßnahmen einleiten, um die wirtschaftliche Entwicklung positiv zu stabilisieren. Dazu gehören etwa andere Abschreibungsbedingungen für Wirtschaftsgüter, von denen auch der Mittelstand profitieren würde, und die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags. FRAGE: Nach der Bundestagswahl wollten Sie nicht regieren und haben einem 8amaikaBündnis eine 5bsage erteilt. 8et+t bietet sich die FDP wieder als 9egierungspartner an. Woher kommt der Wandel? LINDNER: Ihre Unterstellung wird nicht richtiger, nur weil sie permanent wiederholt wird. Es gibt wohl ein Jamaika-Trauma, das wir nicht teilen. Für mich ist das Vergangenheit. Wir fühlen uns bestätigt. Wir wollten regieren, aber nicht als Mehrheitsbeschaffer für Schwarz-Grün unter Frau Merkel. Damals wie heute sind wir bereit zur Übernahme von Regierungsverantwortung, wenn es eine faire Zusammenarbeit gibt und das Land erneuert werden kann. Inzwischen gab es personelle Veränderungen bei Union und Grünen. Und plötzlich will die CDU den Solidaritätszuschlag abschaffen, obwohl sie während der Jamaika-Verhandlungen dagegen war. Würden wir gefragt, dann würden wir sondieren, ob heute andere Ergebnisse erreicht werden könnten. FRAGE: W:ren Neuwahlen im Falle eines Scheiterns der Groko nicht der sauberste Weg? LINDNER: Das kann man sich nicht aussuchen. Meinetwegen könnte man morgen neu wählen. Wir laufen jedenfalls niemandem hinterher, aber wir laufen auch nicht weg, wenn wir zu Gesprächen eingeladen werden. Allerdings haben die Grünen einen weiteren Linksruck vollzogen, so dass eine Erfolgsgarantie nicht besteht. Unsere Positionen in der Sache haben sich seit der Bundestagswahl ja nicht geändert.