124 Schutzgebiete im Land noch nicht ausgewiesen
Niedersachsen hängt im Naturschutz hinterher – 7erfahren soll bis 2020 beendet werden
HANNOVER – Niedersachsen hängt bei der Ausweisung von EU-Schutzgebieten (FaunaFlora-Habitaten) auch nach Fristablauf 2018 weiter hinterher. Während das Land auf Antwort auf Brüssel wartet, kritisieren die Grünen Umweltminister Lies.
Als einziges deutsches Bundesland hat Niedersachsen die Frist der Europäischen Union zur Sicherung von Schutzgebieten Ende 2018 gerissen. Zum Jahresende meldete Deutschland, dass Niedersachsen zwar 83 Prozent der Schutzflächen gesichert habe. Allerdings sind noch 124 von 383 Gebieten offen.
Dabei zeigt sich ein regional sehr unterschiedliches Bild, wie die Antwort des Landes auf eine Grünen-Anfrage ergibt: Während das Emsland oder der Landkreis Verden keine offenen FFH-Verfahren mehr haben, sind es im Kreis Osnabrück noch neun, im Landkreis Osterholz acht und im Kreis Göttingen sogar 13.
Landkreise gefragt
In Niedersachsen sind – anders als in anderen Bundesländern – die jeweiligen Kreistagsabgeordneten für die Sicherung der Gebiete zuständig. Da Widerstand und Bedenken vielerorts groß sind, finden die Verwaltungen aber oft keine Mehrheiten für den Schutzstatus.
Wie Brüssel auf die Meldung reagiert, steht noch nicht fest. „Wir warten jetzt auf die EU“, sagte eine Ministeriumssprecherin am Donnerstag. Eigentlich drohen bei Nichterfüllung der Ziele saftige Strafzahlungen von mindestens 11,83 Millionen Euro und Zwangsgelder von 861 000 Euro täglich – und der Bund hat bereits klargemacht, dass er das Land Niedersachsen dafür zahlen lassen will. Doch in Hannover hofft man, dass die Kommission honoriert, dass Umweltminister Olaf Lies (SPD) in der Angelegenheit Tempo macht und weiteren Aufschub gewährt. Allein im vergangenen halben Jahr seien 87 Sicherungen gemeldet worden. Das Ministerium geht davon aus, die Schutzgebiete bis 2020 vollständig gemeldet zu haben. Kritiker glauben ohnehin nicht, dass die EU-Kommission in absehbarer Zeit das Geld einfordert.
Grünen-Kritik
Die Grünen werfen Lies unterdessen vor, zu wenig Druck zu machen. „Vor Ort setzen sich in den Kreistagen oft Lobbyinteressen gegen Natur- und Landschaftsschutzgebiete durch. Das europaweite Insekten-, Vogelund Amphibiensterben wird sich fortsetzen, wenn der Naturschutz weiterhin so eine geringe Rolle spielt, kritisiert der Grünen-Abgeordnete und frühere Landwirtschaftsminister Christian Meyer. Damit setze der Minister falsche Prioritäten – und riskiere hohe Strafzahlungen.
„Wenn es gegen den Naturschutz geht, wie bei der Salzeinleitung des Konzerns K+S in Hildesheim in einen Fluss, weist Umweltminister Olaf Lies die Kommunen an zu handeln. Beim Naturschutz schaut er zu, wenn CDU, SPD, FDP und AfD in den Kreistagen verzögern und trödeln“, sagte der frühere Agrarminister.