Neue Pflegekammer erhitzt Gemüter
Betrifft: „Pflegekammer räumt Fehler ein – Beiträge: Wie Präsidentin Sandra Mehmecke den Imageschaden beheben will“, Niedersachsen, 8. Januar
Die Pflegekammer hat keine Fehler gemacht, sondern sie ist ein Fehler. Die Beschäftigten in der Pflege benötigen keine Kammer, sondern gesunde Arbeitsbedingungen, mehr gesellschaftliche Anerkennung, eine bessere Bezahlung und weniger Bürokratie bei ihrer Arbeit. All diese Dinge kann eine berufsständische Kammer nicht erreichen, weil sie dafür nicht zuständig ist.
Die Beitragsbescheide, die jetzt verschickt wurden, sind ein weiteres Beispiel dafür, wie weit sich die Kammer und damit die Politik, von der sie geschaffen wurde, von der tatsächlichen Situation in der Pflege entfernt hat. Die jetzige Empörung über das Vorgehen der Beitragserhebung ist nur die Spitze des Eisbergs. Viel schlimmer ist es, dass die Pflegekräfte nicht selbst entscheiden durften, ob sie Mitglied der Pflegekammer werden wollten, sondern per Gesetz, mit der Androhung von Bußgeldern, dazu gezwungen wurden.
Frau Mehmecke spricht davon, dass die Pflegekammer auf die Missstände und die Herausforderungen in der Pflege einwirken soll. Leider sagt sie nicht, wie die Kammer das machen will. Es ist an der Zeit zu überlegen, ob die Pflege wirklich eine Kammer braucht, die für die Lösung der Probleme weder die Macht, noch eine Idee hat.
Harald Detken
Oldenburg
Betrifft: „Heftige Kritik an Pflegekammer – Soziales: Höchstbeiträge von allen Pflichtmitgliedern verlangt“, Titelseite, 28. Dezember, sowie weitere Berichte
Zu Recht, denn die Pflegekammer besteht nur aus Bedrohung der Angestellten und der Arbeitgeber: Sollten die Arbeitgeber der Aufforderung der Kammer, sämtliche Daten ihrer Angestellten weiterzuleiten, nicht nachkommen, so droht ihnen ein Strafgeld bis zu 250 000,00 Euro.
Den Angestellten droht man mit der jährlichen Höchsteinstufung von 280,00 Euro, sollten sie ihre Jahreseinkünfte nicht preisgeben.
Es wird von 80000 bis 95 000 Pflegekräften ausgegangen. Das wären jährliche Einnahmen von 22,4 Millionen bis 26,6 Millionen Euro. Ein echtes Schlaraffenland für die Pflegekammer, auf Kosten der Pflege.
Mir wird ganz übel, wenn ich daran denke, dass dieses bürokratische Ungeheuer das Gesetz im Rücken hat und uns weiter mit unliebsamen Bedrohungen erpressen kann.
Ich denke, das ist keine gute Basis für ein vertrauensvolles Miteinander.
Dörte Eilers
Varel
Das Jahr 2018 geht zu Ende. 2019 soll in der Pflege alles besser werden. Endlich sind wir Pflegekräfte mal im Gespräch. Wir sollten mehr Wertschätzung in der Öffentlichkeit bekommen und auch mehr Unterstützung. 13 000 zusätzliche Stellen sollen in der Altenpflege geschaffen werden. Aber woher sollen die Fachkräfte kommen bei der Bezahlung und dem Image.
Alle Heime suchen seit Jahren Fachkräfte und bilden aus. Ausländische Fachkräfte aus Polen oder anderen Ländern, die kaum die deutsche Sprache verstehen und sprechen können, sind auf Dauer keine Lösung. (...)
Nun hat sich das Land Niedersachsen noch etwas tolles ausgedacht. Es wurde eine Pflegekammer eingerichtet und alle Pflegerinnen und Pfleger an der Mitgliedschaft zwangsverpflichtet. Die Pflegekammer hat als erste Aktion eine Beitragsbemessung für die Zwangsmitgliedschaft festgelegt. Sie geht dabei von einem Bruttoverdienst von 70 000 Euro jährlich aus. Eine völlig realitätsferne Summe. (...) Auf welchem Stern leben die Verantwortlichen denn?
Die Pflegekammer ist eine völlig undemokratische Einrichtung. Die Pflegekräfte wurden nicht gefragt, ob sie so eine Einrichtung wollen. Das hat mit demokratischen Regeln nichts zu tun und führt zu weiterer Politikverdrossenheit. Sie sollte aufgelöst werden, damit die Emotionen bei den Mitarbeiten nicht noch höher werden. Das niedersächsische Sozialministerium sollte sich bei den Krankenkassen erkundigen, was die Kassen für die Pflege ausgeben, und wie hoch dabei der Anteil für die Entlohnung der Beschäftigen ist. Die Kassen horten das Geld, das in der Pflege letztlich fehlt. (...)
Monika Köster
Schortens
Wie kann mich eine Pflegekammer vertreten, die das durchschnittliche Jahreseinkommen einer Pflegekraft nicht kennt. 75 000 Euro brutto? Schön wäre es.
Marianne Schmeichel
Oldenburg
Mit großer Verwunderung nehme ich die teilweise massive Kritik der Pflegenden über die neue Pflegekammer Niedersachsen zur Kenntnis.
Ich empfinde die Einrichtung der Pflegekammer als einen richtigen und längst überfälligen Schritt, um dadurch die teilweise unzumutbaren Zustände und Arbeitsbedingungen in der Pflege aufzuzeigen und Schritte einzuleiten, um diese dann zu verbessern. Das erste Mal bekommen wir Pflegende die Möglichkeit, Verantwortung für unseren Berufsstand und für die Weiterentwicklung der Pflege in die eigenen Hände zu nehmen. Es entscheiden dann nicht mehr nur andere, wie zum Beispiel Krankenkassen und Ärzte, über die wichtigen Themen in der Pflege, sondern wir selber haben durch die Pflegekammer eine Stimme „mit am Tisch“. Dies ist wichtig, da die in der Pflege Tätigen tagtäglich mit den Problemen und Schwierigkeiten konfrontiert sind und dieses kann dann auch nur von den eigenen Berufskollegen adäquat aufgezeigt werden. Die Pflege erhält durch die Kammer zum ersten Mal politischen Einfluss und auch nur dort können die Verbesserungen erreicht werden.
Deswegen ist es auch wichtig und richtig, dass die Kammer von den Mitgliedern mit 0,4 Prozent des Jahreseinkommens finanziert wird, um unabhängig arbeiten zu können. Dieser Pflichtbeitrag ist für die wenigsten Mitglieder existenzbedrohend. Dieses Geld ist sinnvoll investiert, weil es zu spürbaren Vorteilen führen wird.
Ich wünsche mir, dass der Pflegekammer eine realistische Chance gegeben wird, sich für die Pflegeberufe einzusetzen und stark zu machen, sonst macht es nämlich keiner!
Egbert Schäpker
Löningen
Betrifft: „Pflegekammer warnt vor großem Personalmangel – Gesundheit: Zahlen bis 2033 alarmierend“, Niedersachsen, 22. Dezember
Ich habe über 30 Jahre in der Pflege gearbeitet und bin seit 2005 im Ruhestand. Die Arbeitsbedingungen waren damals schon schlecht und nicht geachtet. Als Beispiel wurde von der damaligen Bundesgesundheitsministerin in einer Pressekonferenz behauptet „das Pflegepersonal sitzt nur in der Küche und trinkt Kaffee“. Die Bezahlung war schlecht, für eine Stunde Nachtarbeit gab es einen Zuschlag von 75 Cent, heute mögen es um die zwei Euro sein, Schichtzulage vielleicht 40 Euro im Monat.
Ich kann der Jugend nur raten, nicht in die Pflege zu gehen, denn man muss sich das so vorstellen, man arbeitet 200 Prozent und schafft die Arbeit trotzdem nicht. Das ist niemals bis zur Rente zu schaffen. Vergleichen wir mal diese Arbeit mit der Autoindustrie, es würden nur Schrottautos vom Band laufen. Natürlich kommt mit der Zeit Frustration auf. Dann wird noch von der Landesregierung eine Pflegekammer beschlossen, wieder mal auf Kosten des Pflegepersonals. Die sollen jetzt 280 Euro Jahresbeitrag als Pflichtabgabe zahlen. Es werden 70 000 Euro Jahreseinkommen zugrunde gelegt. Soviel verdient nicht einmal ein Arzt. Diese Zwangsabgabe kann doch nur gut für die Funktionäre sein. Denn bessere Vergütungen aushandeln können sie nicht.
Almuth Hinrichs
Bad Zwischenahn