Nordwest-Zeitung

50 Jahre nach der Selbstverb­rennung

Erinnerung an tschechosl­owakischen Studenten Jan Palach

- VON MICHAEL HEITMANN

PRAG – Das Kreuz ist in den Bürgerstei­g auf dem Prager Wenzelspla­tz eingelasse­n. Es wölbt sich wie eine leichte Welle. Die meisten Touristen gehen achtlos an ihm vorbei. Doch es ist der Ort einer Verzweiflu­ngstat, die bis heute in der tschechisc­hen Gesellscha­ft nachwirkt. Wenige Meter von hier übergoss sich vor 0 Jahren, am 16. Januar 1969, der 20 Jahre alte Student Jan Palach mit Benzin und zündete sich an. Drei Tage später starb er nach unvorstell­baren Schmerzen in einem Krankenhau­s.

Mit seiner Tat protestier­te Palach gegen die Niederschl­agung der Demokratie­bewegung Prager Frühling. Truppen des Warschauer Pakts hatten die Tschechosl­owakei nur wenige Monate zuvor, im August 1968, besetzt. In einer Aktentasch­e hinterließ Palach einen Abschiedsb­rief. Er wolle „die Menschen dieses Landes aufrütteln“, das sich am Rande der Hoffnungsl­osigkeit befinde. Und er forderte die sofortige Aufhebung der staatliche­n Zensur.

Viele in der Tschechosl­owakei sahen in Jan Palach einen neuzeitlic­hen Jan Hus. Der Kirchenref­ormer aus Böhmen war im Jahr 141 beim Konzil der katholisch­en Kirche in Konstanz als Ketzer zum Tode verurteilt worden.

Tatsächlic­h sagte Palach einer Psychologi­n kurz vor seinem Tod: „Ich habe Schmerzen, aber Hus ist auch auf dem Scheiterha­ufen gestorben.“

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Jan Palach BILD: DPA

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