Unmut unter Pflegekräften wächst weiter
2egner werfen Sozialministerin vor, Forderung nach Abschaffung einfach zu ignorieren
Im Ministerium in Hannover stapeln sich Hunderte Protestbriefe. Am heutigen Montag will die FDP einen Gesetzentwurf vorlegen.
HANNOVER – Die Ankündigung der Pflegekammer, ihre Beitragsordnung überarbeiten zu wollen, lässt den Protest unter den Pflegekräften in Niedersachsen nicht verstummen – ganz im Gegenteil. In einem Brief an Sozialministerin Carola Reimann machen die Initiatoren der Petition „Nein zur Pflegekammer“ihrem Unmut darüber Luft, sie würden offenbar bewusst falsch verstanden. „Uns geht es ausdrücklich nicht, wie von Ihnen dargestellt, vorwiegend um die mangelhafte Art der Beitragserhebung, sondern wir fordern eine Auflösung beziehungsweise sofortige Evaluation der Pflegekammer Niedersachsen. Unsere Petition, die nunmehr über 42 000 Unterstützer gefunden hat – davon über 38000 allein in Niedersachsen – weist ganz klar auf unsere Kernforderungen hin, die Sie jedoch in keinster Weise zur Kenntnis genommen haben. Es wird keinerlei Lösung herbeigeführt werden können, solange Sie nicht bereit sind, Ihre Interpretation unserer Petition den Tatsachen anzugleichen“, heißt es in einem an die SPD-Politikerin gerichteten Schreiben der PetitionsInitiatoren Stefan Cornelius, Rebecca Verrijt und Juna Kollmeyer, das dieser Zeitung vorliegt.
Zudem weisen die Unterzeichner in ihrem Brief an Ministerin Reimann darauf hin, „dass sich in Ihrem Ministerium seit Anfang der Woche die Protestbriefe gegen die Pflegekammer in Form von durchgestrichenen Examenskopien stapeln“. Allein zwischen dem 9. und dem 11. Januar sollen laut der Initiatoren „Tausende solcher Briefe“im Sozialministerium in Hannover eingetroffen sein.
Eine Menge Ärger
Ministeriumssprecher Uwe Hildebrandt entgegnet unterdessen auf Nachfrage, dass die Anzahl der Protestschreiben im „unteren dreistelligen Bereich“liege. Zur klaren Forderung nach der Auflösung der Kammer sagt Hildebrandt: „Es ist unstrittig, dass die Pflegekräfte eine starke, gemeinsame Stimme brauchen. Die aktuelle Situation der Pflegekräfte zeigt, dass es in der Vergangenheit keine angemessene und wirksame Vertretung gab, wie sie andere Berufsgruppen im Gesundheitswesen haben. Pflegekräfte sollen künftig auf Augenhöhe und unabhängig für ihre Interessen eintreten können.“
Hildebrandt weist zudem darauf hin, dass das Ministerium gerade in diesen Tagen auch Zuschriften und Anrufe von Menschen erhalte, die sich „mit Nachdruck für die Pflegekammer aussprechen“.
Vor Weihnachten hatte die Kammer Bescheide über 140 Euro fürs halbe Jahr 2018 an ihre Zwangsmitglieder verschickt, was Jahreseinkünften von 70000 Euro und somit dem Höchstsatz entspricht. Um weniger zu zahlen, müssen Mitglieder ihr steuerpflichtiges Jahresbruttoeinkommen angeben.
Erst dann wird ein neuer Bescheid über 0,4 Prozent der Jahreseinkünfte erstellt. Dieses Vorgehen hatte bei vielen Betroffenen Ärger ausgelöst.
SPD will zweite Chance
Während die CDU im Landtag sowohl die Zwangsmitgliedschaft als auch die Zwangsbeiträge zur Kammer ablehnt, meint der Koalitionspartner SPD, die Pflegekammer habe „eine zweite Chance verdient“. Die FDP-Fraktion will am heutigen Montag in Hannover einen aktuellen Gesetzentwurf zur Pflegekammer vorstellen.