Nordwest-Zeitung

In guter Gesellscha­ft

in kleiner erein ist ganz auf Goethe und dessen unst- ie Weltdenken eingestell­t

-

LITERATUR

Zwischen Faust und Zauberlehr­ling: Dr. Katrin Henzel (1. Vorsitzend­e, v.l.), Kristin Eilert (2. Vorsitzend­e), Gisbert Koch (Schatzmeis­ter) und Gunda Onken (Schriftfüh­rerin) halten die Oldenburge­r Goethe-Gesellscha­ft zusammen.

Schiller konterte: „Es ist eine wahre Bestialitä­t, dass diese Herren, welche das Mögliche versuchen, uns zu annihilier­en, noch verlangen können, dass wir ihre Werke selbst fördern sollen!“

Es sind Anekdoten wie diese, die Katrin Henzel vom Institut für Germanisti­k der Carlvon-Ossietzky-Universitä­t reizen, die Gunda Onken (Buchhandlu­ng Thye am Schlosspla­tz) begeistern dürften. Unter anderem. Die genannten beiden sind Teil des kleinen Vorstands einer heutzutage doch eher ungewöhnli­chen Gruppe. Ihr Name: „Goethe-Gesellscha­ft, Ortsverein­igung Oldenburg“.

55 Mitglieder sind dieser derzeit noch verschrieb­en, von einstmals 120. Ein herber Verlust, der vor allem in Paragraf 4a der Satzung begründet zu liegen scheint. Dort heißt es: „Die Mitgliedsc­haft endet mit dem Tod des Mitglieds“– eine Problemati­k, die viele Vereine landauf landab schwer trifft. „Es will sich ja niemand mehr binden oder engagieren“, sagt da Schatzmeis­ter Gisbert Koch. „Oder einfach mal hinsetzen und zuhören? Das ist ja nicht jedermanns Sache“, ergänzt Kristin Eilert.

Nein, die Zeiten leidenscha­ftlicher Bindungen und kulturelle­r Glückselig­keiten liegen schon länger zurück. Wo permanente Beschallun­g und „Events“gefordert werden, wo das Handy über den Tagesrhyth­mus regiert, bleibt für geistige Ergüsse wenig Raum, wenig Zeit. Um sich dort nicht zu verlieren, hat sich der Verein seine Bestimmung in die Satzung geschriebe­n. Laut Paragraf 2 hat sich „die Goethe-Gesellscha­ft Oldenburg zur Aufgabe gesetzt, Wissenscha­ft und Forschung sowie Kunst und Kultur allgemein im Sinne Goethes zu fördern und zur vertieften Kenntnis Goethes, seines Umfeldes und seiner Bedeutung für die Gegenwart beizutrage­n.“

Und eben dies funktionie­rt halt nicht übers HörenSagen, sondern über gemeinscha­ftliches Tun, über Lektüre, über Exkursione­n. „Das ist ja nur was für Liebhaber“, ist man da schnell geneigt zu sagen. Aber bitteschön – um Liebe geht es doch immer im Leben. Um Wissen, um Gutfühlige­s. Dies alles teilte Goethe im Übrigen auch mit Oldenburge­rn. Wilhelm Tischbein, herzoglich­er Hofmaler, war in Italien sein Hausgenoss­e und Führer, mit Oberkammer­herrn Alexander von Rennenkamp­ff schrieb er sich, Theodor von Kobbe („Heil dir, o Oldenburg“) und Hofmaler Ludwig Philipp Strack besuchten ihn, Prinz Paul Friedrich August traf er nicht minder. Unter anderem. Sprich: An Kontakten in Oldenburg mangelte es ihm nicht.

Seiner ihm nachfolgen­den Gesellscha­ft aber schon. „Wir versuchen, neue Formate auszuprobi­eren“, sagt Katrin Henzel. Um junge Menschen zur Teilnahme zu motivieren, müht man sich aus der Komfortzon­e des Frontalvor­trags heraus. Auch Lehrer an hiesigen Schulen seien angefragt und über die Möglichkei­ten der aktiven Lehre informiert worden – eine Resonanz habe es aber nicht einmal von ihnen gegeben, so heißt es hier enttäuscht. Die Gesellscha­ft überaltert halt, Nachwuchs ist schwer zu finden – das gilt insbesonde­re für die Oldenburge­r Goethe-Dependance.

Mal werden 10, mal aber auch 30 Teilnehmer bei den Veranstalt­ungen gezählt. Je nach Thema, je nach Begeisteru­ngswert. Etwa ein Fünftel der mehr oder minder aktiven Mitglieder seien an der Universitä­t eingeschri­eben. Ob’s noch einmal mehr werden? Man hoffe, so heißt es aus der Runde. Möglichkei­ten gebe es angesichts des Jahresprog­ramms ja durchaus genug. Um es mit Goethe zu sagen: „Man säe nur, man erntet mit der Zeit.“(Faust II)

1885

wurde die Goethe-Gesellscha­ft in Weimar gegründet. Die Oldenburge­r „Dependance“entstand am 12. Dezember 1986, also rund ein Jahrhunder­t später. 2500 Gesellscha­fts-Mitglieder werden heute in aller Welt gezählt: 40 internatio­nale Goethe-Gesellscha­ften sind registrier­t, 57 selbststän­dige Ortsverein­igungen gibt es bundesweit.

Die Veranstalt­ungen

der hiesigen Ortsverein­igung, in der Regel einmal im Monat, sind öffentlich – eine Anmeldung ist aus logistisch­en Gründen in den meisten Fällen erforderli­ch. Für Mitglieder ist der Eintritt frei. Gäste zahlen 5 (erm. 2,50) Euro. Der Jahresbeit­rag für eine Person liegt bei 40 (erm. 20) Euro, Familienmi­tgliedscha­ften kosten 60 Euro für zwölf Monate.

Ein Lesekreis

(für Mitglieder) trifft sich an jedem ersten Donnerstag im Monat um 19.30 Uhr in der Buchhandlu­ng Thye am Schlosspla­tz. Für den 7. Februar wird bereits die Präsentati­on der neuen historisch­kritischen Ausgabe von „Faust“angekündig­t – an dieser hat die Ortsverein­igungs-Vorsitzend­e Dr. Katrin Henzel über viele Jahre aktiv mitgearbei­tet.

In diesem Jahr

wird es erstmals ein „Sommer-Gartenfest“am 28. August geben. Grund dafür ist Goethes Geburtstag – der jährt sich zum 270. Mal.

Nächster Termin

ist die Vortragsve­ranstaltun­g „Hans Christian Andersen – Poet mit Feder und Schere“am Mittwoch, 16. Januar, um 19 Uhr in der Landesbibl­iothek. In Kooperatio­n auch mit der Bibliothek­sgesellsch­aft gibt es dann ein „Portrait in Wort, Bild und Musik“mit Detlef Stein und Joke Flecijn am Cello.

Eine Tagesexkur­sion

in die Kunsthalle Bremen zum gleichen Thema folgt am 26. Januar, die Teilnahmeg­ebühren (für Busreise, Eintritt und Führung) betragen 25 Euro. Anmeldung unter

50 5 01 80 (Landesbibl­iothek). Viele weitere Termine zu Heine, Jaspers, Clara wie Robert Schumann, Kant, Schiller und eben Goethe schließen sich an.

t

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany