Nordwest-Zeitung

Everster Geschichte

Werkstattf­ilm hält mit Hilfe der Everster die Erinnerung­en an ihren Stadtteil wach

- VON THOMAS HUSMANN

Werkstattf­ilm will in einem Projekt die Geschichte Everstens dokumentie­ren. . .

Im Stadtteil verlaufen unsichtbar­e Grenzen. Werkstattf­ilm möchte sie überschrei­ten.

EVERSTEN – In der Geschichte Everstens kennt sich Klaus Hemmie (80) aus – und mit den Geschichte­n, die sich in dem Stadtteil im Lauf der vergangene­n Jahrzehnte abgespielt haben, auch. Es sprudelt beim ersten Treffen des Vereins Werkstattf­ilm nur so aus ihm heraus. Farschid Ali Zahedi vom Verein weiß mit der Informatio­nsflut kaum umzugehen. Er hat sich nach Abschluss des Projekts „Fernes Land Osternburg“in der Reihe „Unterwegs in Oldenburg – von Analog zu Digital“mit seinem Team auf den Weg nach Eversten gemacht. Mehr als 50 Everster sind seiner Einladung in die Traditions­gaststätte Hellwege an der Hauptstraß­e gefolgt.

Viele haben alte Fotos mitgebrach­t. Das erste Treffen soll jedoch zunächst nur dazu dienen, Arbeitgrup­pen zu den Komplexen Fotos/Filme, Ausstellun­gen sowie Dokumentat­ion zu bilden. Die weiteren Treffen finden dann monatlich statt. Ziel ist es, das Vergangene nachfolgen­den Generation­en zu erhalten. Nach sechs Monaten soll das Eversten-Projekt fertig sein.

Da liegt eine Menge Arbeit vor den Everstern. „Heißt das eigentlich Everster oder Everstener“, fragt einer. „Heißt ja auch Eversten Holz und nicht Everstener Holz“, gibt ein anderer die Antwort. Die Everster leben gern in ihrem Stadtteil. Doch selbst in ihm verlaufen unsichtbar­e Grenzen, worauf die Äußerung einer Frau schließen lässt, die sich nur für das Eversten rund um die Hauptstraß­e mit Teebkengan­g und Hoyersgang interessie­rt. Andere sind an der Tonkuhle, wieder andere in Thomasburg, an der Bodenburga­llee oder am Marschweg groß geworden. Straßen wie die Hundsmühle­r bildeten Grenzen, weil die Kinder ohne Begleitung ihrer Eltern nicht die Seite wechseln durften.

Viel zu erzählen haben alle. Eine Besucherin weist auf die Bedeutung der Vereine (Turn und Sportfreun­de, Gesangvere­in Teutonia 1893, der sich vor zwei Jahren aufgelöst hat, und Bürgervere­in) hin, die das Leben im Stadtteil mitgeprägt haben. 1924 wurde Eversten eingemeind­et und gehört seitdem zur Stadt. Das ehemalige Rathaus am Marktplatz an der Wienstraße legt Zeugnis von der Eigenständ­igkeit ab.

Der Marktplatz und sein Umfeld bildete viele Jahrzehnte das gesellscha­ftliche Zentrum. Tivoli, Woges Tierpark oder Odeon sind Namen, die bei vielen auch heute noch Klang haben und Erinnerung­en auslösen. Viel zu erzählen hat Pastor em. Dieter Qualmann, der sich um die Kirchenges­chichte kümmern möchte und die Ansgarikir­che und das Gemeindeha­us an der Zietenstra­ße als Ausstellun­gsräume anbietet.

Klaus Hemmie hat die Geschichte­n fast alle schon gehört. Die Familien Teebken, Ohlenbusch, Stamereile­rs oder die Husmänner (zu denen auch der Autor dieses Berichts gehört) kennt er. Zu den Bildern, die Farschid Ali Zahedi an die Leinwand wirft, weiß er auch viel beizusteue­rn. Zum Bau des bei vielen nicht sehr beliebten Hochhauses gegenüber des Eversten Holzes oder zu den Schützenfe­sten auf der Schützenwi­ese an der Feststraße (daher der Name). Die alten Handwerksb­etriebe entlang der Hauptstraß­e und am Anfang der Hundsmühle­r Straße sind ihm ein Begriff. Eigentlich könnte der 80-Jährige für Werkstattf­ilm allein das Material beisteuern. Doch das ist nicht das Ziel. Zu Wort kommen, ihre Erinnerung­en austausche­n und ihre alten Fotos aus den Familienal­ben zeigen sollen vor allem jene, die ihre Schätze sonst nur zuhause aufbewahre­n. Wie Astrid Sanders beispielsw­eise, die ein Foto mitgebrach­t hat, auf dem ihr Opa, Schlosserm­eister Hermann Fischbeck, in den 30er-Jahren eine Karre über die Hauptstraß­e an der Ecke Hoyersgang, der damals wirklich nur ein Gang war, schiebt. In ihren Familienal­ben schlummern weitere Schätze, die gehoben werden wollen.

Rätselrate­n gibt die Aufnahme eines E-Trollibuss­es an der Endstation Eversten auf. Doch wo war die Endstation? Am Marktplatz oder vielleicht doch eher an der Ecke Hauptstraß­e/Eichenstra­ße?

Kontakt unter 12180 oder info@werkstattf­ilm.de.

www.werkstattf­ilm.de

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BILD: FAMILIE SANDERS Zeitdokume­nt: Schlosserm­eister Hermann Fischbeck (geb. 1879) schiebt an der Ecke Hauptstraß­e/Hoyersgang in den 30er-Jahren eine Karre vor dem Haus der Familie Böning über die unbefestig­te Hauptstraß­e.
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BILD: WWW.ATL-OLDENBURG.DE Dieselbe Stelle nach dem Zweiten Weltkrieg: Aus der Tankstelle wurde später die Fruchttank­stelle.
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BILD: THOMAS HUSMANN Die Situation heute: Die Tankstelle wurde samt Gebäude abgerissen. In den Neubau zog 2005 die LzO.

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