Stehen die Briten jetzt im Regen?
Oas das Scheitern des Abkommens im britischen Parlament bedeutet
Backsto5, Backsto5, Backsto5 – über die umstrittene Brexit-Klausel für Irland ist der Rest des Austrittsvertra2s fast in Ver2essenheit 2eraten. Dabei hat er es in sich.
BRÜSSEL/LONDON – Eine saubere Scheidung und ein Fundament für das Leben danach, das war das Ziel der Unterhändler, die eineinhalb Jahre über den Details des BrexitVertrags brüteten. Das von Großbritannien und der Europäischen Union vereinbarte Austrittsabkommen sollte auf 585 Seiten fast alle erdenklichen Streitpunkte bei der Trennung der langjährigen Partner regeln. Zum Paket gehört eine „Politische Erklärung“, die die künftige Wirtschaftsund Sicherheitspartnerschaft skizziert. Doch nach dem Nein des britischen Unterhauses am Dienstagabend ist wieder alles offen. Zwar bleiben bis zum Austrittsdatum 29. März noch einige Tage, in der theoretisch eine Lösung gefunden werden könnte. Und eine Verschiebung des Brexits ist möglich und wahrscheinlich. Nur: Der nun zum zweiten Mal vom Unterhaus abgelehnte Vertrag ist der einzige auf dem Tisch. Binnen weniger Tage oder Wochen ließen sich die Scheidungsmodalitäten kaum neu verhandeln. Mit dem erneuten Scheitern des Deals im Unterhaus zeichnet sich ein rechtliches Vakuum ab, das Millionen Bürgern und Unternehmen große Sorgen macht. Ein Überblick:
■ ÜBERGANGSPHASE
Der vielleicht wichtigste Punkt im Abkommen ist eine Schonfrist: Der britische EUAustritt käme am Brexit-Tag 29. März nicht wirklich zum Tragen. In einer Übergangsphase bis mindestens Ende 2020 bliebe Großbritannien im EU-Binnenmarkt und in der Europäischen Zollunion. Alle EU-Regeln würden weiter gelten, es gäbe keine Zollkontrollen oder Einfuhrbeschränkungen. Großbritannien dürfte als Drittstaat aber in Brüssel nicht mehr mitbestimmen. In der Übergangsphase sollte ein umfassender Handels- und Sicherheitspakt ausgehandelt werden. Die Frist könnte einmal verlängert werden.
Ohne den Vertrag oder eine Alternative droht ein harter Bruch, und zwar auch nach einer möglichen Verlängerung der Austrittsfrist. So hat es EU-Unterhändler Michel Barnier am Dienstagabend noch einmal klargestellt: „Kein Austrittsabkommen bedeutet keine Übergangsfrist“, twitterte er. Auch die britische Premierministerin Theresa May warnte, dass die Gefahr eines Chaos-Brexits durch eine Verschiebung nicht gebannt wäre – nur die Unsicherheit würde verlängert, sagte sie am Dienstag.
■ RECHTE FÜR EUBÜRGER
Der Vertrag sollte auch sicherstellen, dass die mehr als drei Millionen EU-Bürger in Großbritannien und eine Million Briten auf dem Festland auch nach der Übergangsphase so weiterleben können wie bisher.
Das betrifft unter anderem ihr Recht auf Aufenthalt, Erwerbstätigkeit, Familiennachzug, auf Ansprüche an die Sozialkassen und Anerkennung beruflicher Qualifikationen. Für den Fall eines Brexits ohne Vertrag haben beide Seiten zwar versprochen, jeweils einseitig die Rechte der betroffenen Bürger zu sichern. In der EU wäre das aber Sache der 27 Mitgliedstaaten, es könnte also verschiedene Lösungen geben.
■ DIE SCHLUSSRECHNUNG
Großbritannien sagt im Vertrag zu, finanzielle Pflichten aus der Zeit seiner EU-Mitgliedschaft zu tragen. Dies betrifft die Entscheidung von 2013 über den EU-Haushalt bis Ende 2020: London zahlt bis dahin weiter Beiträge. Es geht aber auch um langfristige Lasten, etwa den britischen Anteil an Pensionszahlungen für EU-Beamte. Eine Summe steht nicht im Vertrag, sondern nur „eine faire Berechnungsmethode“. Geschätzt sollten noch etwa 45 Milliarden Euro von London an Brüssel fließen.
Bei einem ungeregelten Brexit müssten EU-Steuerzahler einspringen: es sei denn, London zahlt auch ohne Vertrag. Ein Anreiz könnte sein, dass Großbritannien und die EU auch bei einem harten Bruch irgendwie wieder ins Gespräch kommen müssten. Die EU würde dann wohl immer als erstes ihre Abschlussrechnung hochhalten. ■ KEINE FESTE GRENZE
Aus Furcht vor neuen Spannungen in der ehemaligen Bürgerkriegsregion einigten sich beide Seiten, dass es an der neuen EU-Außengrenze zwischen Irland und dem britischen Nordirland keine Kontrollen oder Schlagbäume geben soll. Auch dafür soll in der Übergangsphase eine dauerhafte Lösung gefunden werden. Sollte das nicht schnell genug gelingen, greift der „Backstop“: dann bliebe ganz Großbritannien in einer Zollunion mit der EU. Für Nordirland sollen zudem weiter Bedingungen des EU-Binnenmarkts sowie einige Kontrollpflichten für Waren aus dem übrigen britischen Staatsgebiet gelten.
May rang der EU am Montagabend in Straßburg eine rechtlich verbindliche Klarstellung zum Austrittsvertrag ab, dass der Backstop höchstens eine Übergangslösung sein soll. Die Kritiker konnte das aber nicht umstimmen. Ginge Großbritannien wirklich ohne Vertrag, müsste Irland womöglich doch kontrollieren, um den EU-Binnenmarkt vor einem ungeregelten Zustrom von Billigwaren zu schützen. Irland will das nicht, Großbritannien nach eigenem Bekunden ebenfalls nicht, doch ist unklar, wie Grenzkontrollen bei einem „No Deal“zu umgehen wären.
KOL/ZEI UND JUSTIZ
Wer zum Ende der Übergangsphase per britischem Haftbefehl gesucht und in der EU geschnappt wird, sollte sich nicht zu sicher fühlen. Der Austrittsvertrag sorgt vor, dass solche Verdächtige gegenseitig ausgeliefert werden. Ohne Vertrag würden diese Vorkehrungen fehlen.
■ POLITISCHE ERKLÄRUNG
Kern des 36 Seiten starken Papiers ist die Vision einer „ehrgeizigen, weitreichenden und ausgewogenen wirtschaftlichen Partnerschaft“mit einer möglichst engen Handelsbeziehung. Zudem listet die Erklärung Dutzende Felder auf, in denen die Zusammenarbeit neu aufgesetzt werden soll, vom Studienaustausch bis zum Datenschutz, vom Verkehr bis zum Kampf gegen den Terror. Im Vertrags-Paket ist dies der flexibelste Teil: Es handelt sich nur um eine Absichtserklärung, die jederzeit neu justiert werden könnte. Entschlösse sich Großbritannien zum Beispiel doch, in der Zollunion oder im EU-Binnenmarkt zu bleiben, würde die EU nach eigenem Bekunden darauf eingehen. Einigen Brexit-Hardlinern in London war das skizzierte Verhältnis zu eng, der Labour-Partei dagegen nicht eng genug. Parteichef Jeremy Corbyn begründete seine Ablehnung von Mays Plänen letztlich immer damit, dass er Großbritannien in der Zollunion halten und eng an den EU-Binnenmarkt andocken will.