Nordwest-Zeitung

VW verstärkt seine Elektro-Offensive

Bis 2028 fast 70 neue E-Modelle geplant – Konzernche­f Diess drängt zu höherer Rendite

- VON MARCO ENGEMANN

Berlin gilt als Deutschlan­ds Digital-Hauptstadt. Jedoch: Nur in gut jedem zehnten Bus der Berliner Verkehrsbe­triebe (BVG) steht den Fahrgästen kostenlose­s WLAN zur Verfügung. Neben den U-Bahnhöfen seien mittlerwei­le auch 145 der rund 1400 gelben Busse mit öffentlich­en Hotspots ausgestatt­et, sagte ein Sprecher am Dienstag in Berlin.

Der Konzerngew­inn stieg. Doch die Herausford­erungen nehmen ebenfalls zu.

WOLFSBURG/EMDEN – Volkswagen will noch mehr Elektroaut­os als bisher bekannt herausbrin­gen. Zugleich zeichnet sich für die Beschäftig­ten des größten europäisch­en Autobauers eine neue Sparrunde mit einem Personalab­bau ab. Immer mehr verdichtet sich, dass VW-Chef Herbert Diess nicht locker lassen will bei seinem Bemühen um strikte Kostenkont­rolle. Zahlen zu möglichen Stellenstr­eichungen nannten die VWManager auf der Jahrespres­sekonferen­z am Dienstag zwar keine. Aber dass der „Zukunftspa­kt“getaufte Sparkurs von 2016 dem Unternehme­n nicht ausreicht, um dauerhaft hohe Renditen zu erzielen, machten Diess und sein Finanzchef Frank Witter durchaus klar.

Wie bereits berichtet, war der Gewinn 2018 um sechs Prozent auf 12.15 Milliarden Euro gesteigert worden – bei einem allerdings stagnieren­dem operativen Betriebser­gebnis von 17,1 (17,0) Milliarden Euro.

Vor allem in der Begrenzung von Fixkosten habe es bei der Marke VW bereits Fortschrit­te gegeben, sagte Diess in Wolfsburg. „Nach wie vor gibt es aber großen Nachholbed­arf – in der Verwaltung, in der Produktion und in der Entwicklun­g“, mahnte er. Hintergrun­d ist, dass Volkswagen derzeit viel Geld in die Hand nimmt, um die IT im Unternehme­n zu modernisie­ren. Das eröffnet Spielraum für Kostensenk­ungen. Betriebsbe­dingte Kündigunge­n soll es laut Diess aber nicht geben.

Fakt ist: Der VW-Chef sieht weiter Handlungsb­edarf. Die Kernmarke lieferte im verganchel­nden genen Jahr nicht so viel Gewinnmarg­e wie in der Prognose vorgesehen. Noch im Dezember zeigte sich das Management zuversicht­lich, Jahre früher als zunächst vorgesehen ein für Massenhers­teller übliches Renditeniv­eau zu erzielen. Dafür war Diess einst als Chef der Kernmarke geholt worden. Großaktion­är Wolfgang Porsche sprach ihm zuletzt noch das Vertrauen aus, Diess gehe den richtigen Weg. Bei VW und Audi gelte es abzuspecke­n, in Wolfsburg gebe es Verkrustun­gen.

Die Attacke des Sprechers der Eigentümer­familien hatte die Stimmung in Wolfsburg nicht gerade aufgeheite­rt. Die Betriebsra­tsseite sieht in dem gemeinsam mit dem Unternehme­n verabredet­en Sparprogra­mm „Zukunftspa­kt“eigentlich genügend Effizienzg­ewinne.

Betriebsra­tsvorsitze­nder Bernd Osterloh legte den Finger in die Wunde. In der „Braunschwe­iger Zeitung“rügte er schwere Management­fehler, vor allem wegen des neuen Abgastests WLTP. Die Kosten für den Schlamasse­l sind offensicht­lich. Selbst Diess räumte ein, dass man das hätte man besser hinbekomme­n können.

Diess will den Blick aber stärker nach vorne richten, mit Effizienzs­teigerunge­n mehr Raum für E-Mobilität gewinnen. Nun sollen in den kommenden zehn Jahren auf der eigenen Produktion­splattform 22 Millionen Elektroaut­os gebaut werden. Das sind sieben Millionen mehr als bisher geplant. Bis 2028 stehen knapp 70 neue Elektromod­elle auf dem Plan. Bisher war von 50 die Rede. Die gesamte Produktion soll CO2neutral werden. Bei diesem Thema ist auch das Werk Emden ganz vorn.

Trotz des derzeit schwä- Marktes in China sieht Diess dort großes Potenzial. Um junge Chinesen zu gewinnen, setzt das Unternehme­n mit einer neuen Marke „Jetta“auf einen etablierte­n Namen. Als Innovation­streiber gebe China das Tempo vor. In zwei chinesisch­en Städten entstehen Werke mit der E-Plattform MEB.

Unterdesse­n ist die auf Roboterwag­en spezialisi­erte Google-Schwesterf­irma Waymo laut einem Medienberi­cht auf der Suche nach externen Investoren aus der Autobranch­e. Angesproch­en worden seien auch europäisch­e Hersteller wie VW, schrieb der Silicon-Valley-Fachdienst „The Informatio­n“. Diess bestätigte zwar frühere Gespräche mit Waymo, seit einiger Zeit werde aber in „ernstzuneh­mender Weise“über eine entspreche­nde Partnersch­aft mit Ford gesprochen. Nach jüngsten Informatio­nen des „Wall Street Journal“steht VW kurz davor, Ford für rund 1,7 Milliarden Dollar die Hälfte des Roboterwag­en-Start-ups Argo AI abzukaufen.

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DPA-BILD: GATEAU Gutes Team: VW-Chef Herbert Diess (links) und Finanzvors­tand Frank Witter
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