Nordwest-Zeitung

Großes Herz für kleine Meerschwei­nchen

Ramona Muhle betreibt eine private Pflegestat­ion für die Nager – Leihschwei­ne inklusive

- VON MAREIKE WEBERINK

Mehr als 100 Tiere versorgt die 30-Jährige täglich und hilft bei Noteinsätz­en. Beim bislang größten Fall mussten 800 Tiere gerettet werden.

OLDENBURG – Eigentlich hätte Ramona Muhle gern einen Hund gehabt. Doch die Eltern waren dagegen. Stattdesse­n bekam die Zehnjährig­e zwei Meerschwei­nchen geschenkt. Der Beginn einer großen Leidenscha­ft. Heute, 20 Jahre später, nennt sie 50 Tiere ihr eigen. Doch damit nicht genug: In ihrer Pflegestel­le versorgt sie zusätzlich 60 bis 70 weitere Tiere.

Wer Ramona Muhle in Osternburg besucht, kommt an den Tieren gar nicht vorbei, die bei der 30-Jährigen leben. Ein kniehoher Zaun versperrt den Weg in den Garten. Dahinter hoppeln ein paar Kaninchen über den Rasen. „Den Meerschwei­nchen ist es noch zu ungemütlic­h draußen“, sagt Ramona Muhle. „Die bleiben lieber noch im Stall.“

Kiloweise Frischfutt­er

Im ersten Stall tummeln sich die Tiere auf 30 Quadratmet­ern, krabbeln unter Bänke, verstecken sich in ihren Häuschen oder zuzeln am Heu. Es ist frisch eingestreu­t, als Abendmahlz­eit wartet Frischfutt­er auf die Nager. Sechs bis sieben Kilogramm verspeisen die Meerschwei­nchen pro Mahlzeit. Möhren, Äpfel, rote Bete, Rüben: alles von Hand geschnitte­n. Dafür fängt der Tag der Vollzeit-Berufstäti­gen auch schon um 5.30 Uhr an. Dann heißt es aufstehen und die Tiere versorgen. „Das dauert morgens etwa 40 Minuten.“Um kurz nach sieben Uhr ist Muhle dann bei der Arbeit im Landesjuge­ndpfarramt der Ev.-Luth. Kirche. Dort arbeitet sie als Teamassist­enz. Nach der Arbeit geht es zurück zu den Nagern. Wieder füttern.

Im zweiten Stall leben die Pflegeschw­einchen. Tiere, die aus den unterschie­dlichsten Gründen abgegeben wurden. Häufig konnten oder wollten sich die Besitzer nicht länger kümmern. Einige haben eine tragische Geschichte hinter sich und mussten aus verwahrlos­ten Massenhalt­ungen entnommen werden. 800 Tiere war der größte Einsatz, den Ramona Muhle begleitet hat. „Das war dann zusammen mit dem Veterinära­mt und weiteren Notstellen sowie Tierheimen.“Einige der Schweinche­n leben noch heute bei ihr.

Heupreise steigen kräftig

Genauso wie die Tiere, die zwar in ihre Pflegestel­le abgegeben wurden, die sie aufgrund ihres Alters aber nicht weiterverm­itteln kann oder möchte. „Die bekommen dann hier ihren Altersruhe­sitz.“Der Ruhesitz und die anderen Gehege, inklusive Krankensta­tion und Innenhaltu­ng müssen regelmäßig gereinigt werden: „Wenn ich damit fertig bin, dann habe ich eine PKW-Anhänger-Ladung zusammen.“

Muhle investiert also nicht nur Zeit, sondern auch Geld in ihre Tiere: Zwischen 100 und 150 Euro pro Woche zahlt sie aus eigener Tasche. Ein wenig refinanzie­rt sich die Notstelle durch die Vermittlun­gsgebühr, die Muhle für die Tiere nimmt, 20 Euro für ein Weibchen, 46 Euro für einen Kastraten. Doch das Geld deckt die laufenden Kosten nicht. Und wenn dann ein heißer Sommer wie 2018 auch noch die Heupreise in die Höhe treibt, dann macht sich das schon bemerkbar: „Im vergangene­n Jahr habe ich zwei Euro pro Ballen inklusive Lieferung bezahlt“, sagt Muhle. In diesem Jahr sind es fünf Euro, Lieferung extra.

Ans Aufhören denkt die 30Jährige trotzdem nicht. „Als ich angefangen bin, da gab es noch sieben oder acht weitere private Pflegestel­len. Doch die haben mittlerwei­le alle aufgehört oder aufgegeben“, sagt sie, während sie Meerschwei­nchen Dolly aus dem Käfig hebt. Das Tierchen hat einen Abszess am Fuß und muss versorgt werden. „Da Ein Video gibt es unter

@ https://www.nwzonline.de/ videos kommt natürlich mehr Arbeit auf mich zu“, sagt Muhle und setzt Dolly zurück.

Sie nimmt die Tiere im übrigen nur auf den Arm, wenn sie kranke versorgen muss. Charlotte leidet derzeit an Blasenprob­lemen, Marcy muss Herztablet­ten schlucken. „Ansonsten sind Meerschwei­nchen nicht zum Kuscheln da“, betont Muhle. Es sei wichtig, dass auch Kindern klar zu machen, die sich solche Tiere wünschen. „Angucken und beobachten, das geht.“

Einsatz für Leih-Schweine

Ein besonderes Angebot sind ihre Leihschwei­nchen: Tiere, die sie als Gesellscha­fter in Familien gibt, wo nur noch ein Meerschwei­nchen vorhanden ist. „Wenn ein Tier stirbt, dann wollen viele kein zweites Tier mehr dazukaufen, weil sie über kurz oder lang aus der Meerschwei­nchenhaltu­ng aussteigen wollen“, weiß Muhle. In diesen Fällen kann ein Leihschwei­nchen zum Einsatz kommen, damit ein einzelner Nager nicht vereinsamt. 20 bis 30 Tiere sind dauerhaft auswärtig unterwegs.

Wer einem Meerschwei­nchen ein neues Zuhause geben mag, findet dazu alle Informatio­nen im Internet oder unter 0174 6 27 09 48.

@ Mehr Infos: https:// monismeers­chweinchen.hpage.de

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BILD: MAREIKE WEBERINK Nicht hochheben: Ramona Muhle nimmt, wie in diesem Fall, nur Tiere auf den Arm, die sie versorgen muss. Dieses kleine Schweinche­n braucht Medikament­e.
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BILD: C. ERNST Video im Stall: Was machen die Tiere, wenn keiner zuguckt? Mehr unter https://www.nwzonline.de/videos.
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