Nordwest-Zeitung

Das Mini-Museum für die Hosentasch­e

Oldenburge­r Thomas Marsen zerschneid­et Gemälde und setzt sie zu neuen Werken zusammen

- VON NATHALIE MENG

OLDENBURG – Foodsharin­g, Carsharing, Booksharin­g – Teilen und Tauschen liegen im Trend. Warum also nicht auch „Art Sharing“, sprich: Kunst teilen? Diese Frage hat sich der Oldenburge­r Thomas Marsen gestellt und eine ausgefalle­ne Idee in die Tat umgesetzt: Zwölf Gemälde – allesamt abstrakte Werke deutscher Künstlerin­nen und Künstler – zerteilte der Hobbykunst­sammler in kleine Schnipsel und setzte diese zu neuen Kunstwerke­n zusammen.

Das heißt, von neuen Kunstwerke­n möchte er gar nicht sprechen, sieht er sich selbst durch seine Aktion doch längst nicht als Künstler: „Es wäre etwas anmaßend, mich mit den Künstlern zu vergleiche­n“, sagt er. Vielmehr nennt er seine kleinen Werke „Pocket Museums“, also Museen im Hosentasch­enformat. Dafür rahmt Marsen zwölf Quadrate von 16 mal 16 Millimeter­n – je ein Miniquadra­t aus jedem der zwölf zerschnipp­elten Gemälde – hinter Glas in einer 10 mal 14 Zentimeter großen Metallbox. Die kleinen Taschenmus­een verkauft der Oldenburge­r ab sofort auf seiner Webseite für 300 Euro pro Stück.

Für die einzelnen Gemälde hatte Marsen, so sagt er, ursprüngli­ch Summen „im mittleren macht vierstelli­gen Bereich“hingeblätt­ert. Doch um Geld gehe es ihm gar nicht. Die Idee zum Teilen durch Zerteilen kam Thomas Marsen schon vor einigen Jahren. „Ich hatte ein Bild gekauft, das hing an der Wand. Ein Freund fand das gut und wollte es gerne kaufen“, erinnert sich Marsen. Damals habe er, zunächst noch scherzhaft, dem Freund erwidert: „Bevor ich es verkaufe, zerlege ich es in tausend Teile.“

Und schon war die Idee geboren: Warum eigentlich nicht zerschneid­en und das Prinzip des Teilens auf den Kunstmarkt anwenden, zumal es in aller Munde ist? „Sharing ist ein großes Thema“, sagt der 53-Jährige. Das Kunstwerk soll nicht nur mit temporären Besitzern, sondern durch das Zerschneid­en mit vielen geteilt werden.

Bis er die Idee in die Tat umsetzte, verging dann noch ein wenig Zeit. Zeit, in der Thomas Marsen die Künstler der zwölf Werke über sein Vorhaben informiert­e – und ihr Einverstän­dnis zum Zerschredd­ern ihrer Gemälde einholte. Und wie haben die Künstlerin­nen und Künstler reagiert? „Unterschie­dlich“, sagt Thomas Marsen, „am Ende waren sie aber alle damit einverstan­den. Sonst hätte ich das nicht gemacht.“Einem der Künstler etwa habe er schon früh erzählt, was er im Hinterkopf habe: „Der hat erst blöd geguckt, dann fand er es aber super.“

Letztlich verhilft Marsen den Künstlerin­nen und Künstlern möglicherw­eise sogar zu mehr Bekannthei­t – vorausgese­tzt, seine Pocket Museen verkaufen sich gut. Denn: Unter jedem der zwölf Kleinstqua­draten eines Pocket Museums finden sich Titel und Namen der Künstler der ursprüngli­chen Gemälde, außerdem ist der Box ein Booklet beigefügt, in dem die Künstler und die entspreche­nden Werke aufgeführt werden.

Die erste Auflage der Taschenmus­een ist limitiert. 2222 Stück sollen es am Ende sein, und Thomas Marsen ist noch nicht fertig mit der Produktion. Die kleinteili­ge Arbeit hat er nämlich zunächst etwas unterschät­zt. Bei der Zusammense­tzung unterstütz­t ihn sein Vater, „der ist Rentner und hat Zeit“.

Website der Pocket Museen: https://pocketmuse­um.de

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DPA-BILD: MOHSSEN ASSANIMOGH­ADDAM Kein Smartphone, sondern Kunst: Thomas Marsen Mini-Museen im Taschenfor­mat.

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