Das Mini-Museum für die Hosentasche
Oldenburger Thomas Marsen zerschneidet Gemälde und setzt sie zu neuen Werken zusammen
OLDENBURG – Foodsharing, Carsharing, Booksharing – Teilen und Tauschen liegen im Trend. Warum also nicht auch „Art Sharing“, sprich: Kunst teilen? Diese Frage hat sich der Oldenburger Thomas Marsen gestellt und eine ausgefallene Idee in die Tat umgesetzt: Zwölf Gemälde – allesamt abstrakte Werke deutscher Künstlerinnen und Künstler – zerteilte der Hobbykunstsammler in kleine Schnipsel und setzte diese zu neuen Kunstwerken zusammen.
Das heißt, von neuen Kunstwerken möchte er gar nicht sprechen, sieht er sich selbst durch seine Aktion doch längst nicht als Künstler: „Es wäre etwas anmaßend, mich mit den Künstlern zu vergleichen“, sagt er. Vielmehr nennt er seine kleinen Werke „Pocket Museums“, also Museen im Hosentaschenformat. Dafür rahmt Marsen zwölf Quadrate von 16 mal 16 Millimetern – je ein Miniquadrat aus jedem der zwölf zerschnippelten Gemälde – hinter Glas in einer 10 mal 14 Zentimeter großen Metallbox. Die kleinen Taschenmuseen verkauft der Oldenburger ab sofort auf seiner Webseite für 300 Euro pro Stück.
Für die einzelnen Gemälde hatte Marsen, so sagt er, ursprünglich Summen „im mittleren macht vierstelligen Bereich“hingeblättert. Doch um Geld gehe es ihm gar nicht. Die Idee zum Teilen durch Zerteilen kam Thomas Marsen schon vor einigen Jahren. „Ich hatte ein Bild gekauft, das hing an der Wand. Ein Freund fand das gut und wollte es gerne kaufen“, erinnert sich Marsen. Damals habe er, zunächst noch scherzhaft, dem Freund erwidert: „Bevor ich es verkaufe, zerlege ich es in tausend Teile.“
Und schon war die Idee geboren: Warum eigentlich nicht zerschneiden und das Prinzip des Teilens auf den Kunstmarkt anwenden, zumal es in aller Munde ist? „Sharing ist ein großes Thema“, sagt der 53-Jährige. Das Kunstwerk soll nicht nur mit temporären Besitzern, sondern durch das Zerschneiden mit vielen geteilt werden.
Bis er die Idee in die Tat umsetzte, verging dann noch ein wenig Zeit. Zeit, in der Thomas Marsen die Künstler der zwölf Werke über sein Vorhaben informierte – und ihr Einverständnis zum Zerschreddern ihrer Gemälde einholte. Und wie haben die Künstlerinnen und Künstler reagiert? „Unterschiedlich“, sagt Thomas Marsen, „am Ende waren sie aber alle damit einverstanden. Sonst hätte ich das nicht gemacht.“Einem der Künstler etwa habe er schon früh erzählt, was er im Hinterkopf habe: „Der hat erst blöd geguckt, dann fand er es aber super.“
Letztlich verhilft Marsen den Künstlerinnen und Künstlern möglicherweise sogar zu mehr Bekanntheit – vorausgesetzt, seine Pocket Museen verkaufen sich gut. Denn: Unter jedem der zwölf Kleinstquadraten eines Pocket Museums finden sich Titel und Namen der Künstler der ursprünglichen Gemälde, außerdem ist der Box ein Booklet beigefügt, in dem die Künstler und die entsprechenden Werke aufgeführt werden.
Die erste Auflage der Taschenmuseen ist limitiert. 2222 Stück sollen es am Ende sein, und Thomas Marsen ist noch nicht fertig mit der Produktion. Die kleinteilige Arbeit hat er nämlich zunächst etwas unterschätzt. Bei der Zusammensetzung unterstützt ihn sein Vater, „der ist Rentner und hat Zeit“.
Website der Pocket Museen: https://pocketmuseum.de