Deutschland darf abschieben
Zustand des Sozialsystems in dem jeweiligen Land nicht entscheidend
LUXEMBURG – Deutschland darf einen Asylbewerber einem Urteil des höchsten EU-Gerichts zufolge wegen Unzuständigkeit in ein anderes europäisches Land abschieben, auch wenn das Sozialsystem dort mangelhaft ist. Eine solche Überstellung sei nur dann verboten, wenn die Schwachstellen besonders hoch seien, urteilten die Richter des Europäischen Gerichtshofs am Dienstag in Luxemburg (Rechtssachen C163/17, C-297/17, C-318/17, C-319/17, C-438/17).
Hintergrund der EuGHUrteile sind mehrere Fälle, bei denen deutsche Gerichte den EuGH um Auslegung der EUAsylregeln gebeten hatten. In einem Fall sollte ein Mann aus Gambia nach Italien abgeschoben werden, weil er dort bereits einen Asylantrag gestellt hatte. Dies scheiterte jedoch, weil er nicht in seiner Unterkunft war. Später argumentierte der Mann, seine Abschiebung sei unzulässig, weil die Verhältnisse für Flüchtlinge in Italien systematische Schwachstellen aufwiesen.
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg bat den EuGH deshalb um Auslegung der Dublin-Regeln. Demnach ist normalerweise das Land für Schutzsuchende zuständig, in dem sie zuerst europäischen Boden betreten haben. Migranten, die unerlaubt weiterreisen, können in der Regel innerhalb von sechs Monaten in ihr Ankunftsland zurückgeschickt werden.