Landrat entschuldigt sich bei Opfern
Jugendamt Hameln hatte früh Hinweise auf Kindesmissbrauch in Lügde
Der SPD-Politiker räumte Versäumnisse ein. Zwei Mitarbeiter des Jugendamtes wurden vom Dienst suspendiert.
HAMELN/LÜGDE – Trotz mehrfacher Hinweise auf Pädophilie hat das Jugendamt Hameln einen heute 56-Jährigen als Pflegevater für ein kleines Mädchen eingesetzt. Der Mann aus Lügde im Weserbergland gilt als Hauptverdächtiger im Fall von tausendfachem Kindesmissbrauch mit mindestens 34 Opfern. Hamelns Landrat Tjark Bartels (SPD) räumte am Dienstag ein, dass schon 2016 eine Jobcenter-Mitarbeiterin, ein anderer Vater sowie eine Kindergarten-Psychologin den Verdacht auf sexuell übergriffiges Verhalten äußerten. Diese Hinweise seien in den Akten vermerkt.
Bartels entschuldigte sich am Dienstag erstmals bei den Opfern. Die Hinweise seien nicht in der Gesamtschau gewürdigt worden. Man hätte dem Mann, der als „bolleriger Rheinländer“beschrieben wurde, nicht die Vollzeitpflegschaft übertragen dürfen, sagte der SPD-Politiker.
Zudem gab der Landrat bekannt, dass eine Jugendamtsmitarbeiterin kurz vor Beschlagnahmung der Akten durch die Staatsanwaltschaft einen Eintrag gelöscht hatte, den die Ermittler rekonstruieren konnten. Darin wurde dargestellt, dass der Mann immer wieder Kontakt zu jüngeren Mädchen suche und sie in ein Abhängigkeitsverhältnis bringe. Die Frau, die die Löschung zugab, wurde vom Dienst freigestellt. Weil er einen Vermerk nachträglich einfügte, ist ein weiterer Jugendamtsmitarbeiter schon länger suspendiert.
Der Landkreis Hameln bemühte sich bei der Pressekonferenz um größtmögliche Transparenz und verteilte eine 75-seitige Darstellung mit Aktenauszügen. 376 Seiten umfasst die Akte des Allgemeinen Sozialen Dienstes, der im Frühjahr 2014 erstmals Kontakt zur Mutter des Pflegekindes aufnahm.
Das Zusammenspiel mit dem Jugendamt Lippe und der Polizei Lippe sei nicht optimal gewesen, sagte Bartels.