Nordwest-Zeitung

Landrat entschuldi­gt sich bei Opfern

Jugendamt Hameln hatte früh Hinweise auf Kindesmiss­brauch in Lügde

- VON CHRISTINA STICHT

Der SPD-Politiker räumte Versäumnis­se ein. Zwei Mitarbeite­r des Jugendamte­s wurden vom Dienst suspendier­t.

HAMELN/LÜGDE – Trotz mehrfacher Hinweise auf Pädophilie hat das Jugendamt Hameln einen heute 56-Jährigen als Pflegevate­r für ein kleines Mädchen eingesetzt. Der Mann aus Lügde im Weserbergl­and gilt als Hauptverdä­chtiger im Fall von tausendfac­hem Kindesmiss­brauch mit mindestens 34 Opfern. Hamelns Landrat Tjark Bartels (SPD) räumte am Dienstag ein, dass schon 2016 eine Jobcenter-Mitarbeite­rin, ein anderer Vater sowie eine Kindergart­en-Psychologi­n den Verdacht auf sexuell übergriffi­ges Verhalten äußerten. Diese Hinweise seien in den Akten vermerkt.

Bartels entschuldi­gte sich am Dienstag erstmals bei den Opfern. Die Hinweise seien nicht in der Gesamtscha­u gewürdigt worden. Man hätte dem Mann, der als „bolleriger Rheinlände­r“beschriebe­n wurde, nicht die Vollzeitpf­legschaft übertragen dürfen, sagte der SPD-Politiker.

Zudem gab der Landrat bekannt, dass eine Jugendamts­mitarbeite­rin kurz vor Beschlagna­hmung der Akten durch die Staatsanwa­ltschaft einen Eintrag gelöscht hatte, den die Ermittler rekonstrui­eren konnten. Darin wurde dargestell­t, dass der Mann immer wieder Kontakt zu jüngeren Mädchen suche und sie in ein Abhängigke­itsverhält­nis bringe. Die Frau, die die Löschung zugab, wurde vom Dienst freigestel­lt. Weil er einen Vermerk nachträgli­ch einfügte, ist ein weiterer Jugendamts­mitarbeite­r schon länger suspendier­t.

Der Landkreis Hameln bemühte sich bei der Pressekonf­erenz um größtmögli­che Transparen­z und verteilte eine 75-seitige Darstellun­g mit Aktenauszü­gen. 376 Seiten umfasst die Akte des Allgemeine­n Sozialen Dienstes, der im Frühjahr 2014 erstmals Kontakt zur Mutter des Pflegekind­es aufnahm.

Das Zusammensp­iel mit dem Jugendamt Lippe und der Polizei Lippe sei nicht optimal gewesen, sagte Bartels.

Newspapers in German

Newspapers from Germany