Darum sind die Baskets so stark
Gründe für den Oldenburger Höhenflug – Starke Statistiken – Eingeschworenes Team
Tabellenzweiter, zuletzt ;ünchen und Berlin geschlagen: Bei den Baskets läuft es wie geschmiert. Die sagt, warum.
VBN CHRISTOPHER DEEKEN OLDENBURG – Die EWE Baskets Oldenburg sind momentan nicht zu stoppen. Beim sechsten Sieg in Folge am Samstagabend waren die Riesen Ludwigsburg nur ein Spielball für das Team von Trainer Mladen Drijencic, das seine Fans bei der 100:71-Gala mit Basketball vom Feinsten verwöhnte. Nach dem Allstar-Day am kommenden Wochenende in Trier starten die Baskets am Sonntag, 31. März, mit einem Auswärtsspiel bei der BG Göttingen in das letzte Drittel der Hauptrunde. Als Tabellenzweiter ist die Ausgangsposition für die Playoffs derzeit glänzend – die nennt die Gründe für die starke Saison der Oldenburger.
■ DIE ZAHLEN
Zahlen lügen nicht – und so liefert der Blick in die Statistiken gleich mehrere Belege, warum es für die Baskets so gut läuft. Die „Donnervögel“erzielen mit 90,04 Zählern pro Partie die drittmeisten Punkte aller 18 Bundesligisten (Vorsaison: 86,13), lassen nur 77,87 Punkte zu (Platz 2/Vorsaison: 83,00), klauen dem gegnerischen Team am vierthäufigsten den Ball (8,3 Steals) und erlauben sich die wenigsten Ballverluste in der gesamten Liga (11,2 Turnover).
Entscheidend für den Oldenburger Erfolg sind aber vor allem die deutlichen Steigerungen in zwei statistischen Kategorien, die in der vorheri-
Spielzeit zu den Schwachstellen im Team gehörten. So stellten die Baskets in der Saison 2017/18 die zweitschlechteste Rebound-Mannschaft, als sie im Schnitt nur 31,4 Abpraller einsammelten. Jetzt schnappen sich die Oldenburger 36,2 Rebounds pro Partie und belegen damit ligaweit Rang vier.
Ganz vorn im Ranking steht das Drijencic-Team, was die Anzahl von Blocks in einer Begegnung betrifft (3,7). Dies überrascht insofern, als dass das Blocken von gegnerischen Würfen in den vergangenen Jahren nicht gerade zu den Spezialdisziplinen der Baskets gehörte. In der vergangenen Saison belegte Oldenburg in diesem Bereich sogar den letzten Platz (1,6).
Erheblichen Anteil an der neuen Dimension in der Baskets-Verteidigung trägt Nathan Boothe: Der im Sommer verpflichtete Power Forward ist mit 1,3 Blocks pro Partie der zweitbeste Spieler der Liga auf diesem Gebiet. In Will Cummings (mit 19,8 Punkten zweitbester Werfer) und Rasid Mahalbasic (mit 8,6 Re- bounds auf Platz drei) nehmen zwei weitere Baskets-Akteure Spitzenpositionen in individuellen Statistiken ein.
■ GENIALES DREIGESTIRN
Der so geschmeidige wie explosive Spielmacher Cummings und der körperlich starke wie spielintelligente Center Mahalbasic sind heiße Anwärter auf den Titel des MVP (most valuable player), mit dem nach jeder Saison der wertvollste Spieler der Liga ausgezeichnet wird. Gemeinsam mit dem ewigen Rickey Paulding bilden sie ein geniales Dreigestirn, welches in der Baskets-Offensive den Takt vorgibt. Weil Cummings und Mahalbasic so gefährlich sind, lastet im Angriff nicht mehr die gesamte Last auf den Schultern des 36-jährigen Kapitäns.
■ UNBERECHENBARKEIT
Die Oldenburger Offensive lässt sich jedoch nicht nur auf die drei Stars reduzieren. Neben Cummings, Mahalbasic (13,4) und Paulding (13,1) weist auch Boothe einen zweistelligen Punkteschnitt auf (11,5) – und dahinter begen finden sich in Philipp Schwethelm (9,9), Frantz Massenat (9,3) und Vojdan Stojanovski (8,0) gleich drei weitere Akteure mit einer hohen einstelligen Wurf-Ausbeute. „Wir haben viele Spieler, die in jeder Partie 20 Punkte machen können – das ist für den Gegner schwer zu stoppen“, sagte der Sportliche Leiter Srdjan Klaric am Rande des LudwigsburgSpiels zur Unberechenbarkeit der Oldenburger. Die hohe qualitative Breite im Kader habe bei ihm bereits frühzeitig die Hoffnung auf eine erfolgreiche Saison geweckt. „Ich habe schon im Trainingslager zum Trainerteam gesagt, dass wir mit dieser Mannschaft viel erreichen können, wenn alle gesund bleiben“, meinte Klaric. Bislang sind die Baskets tatsächlich von größeren Verletzungssorgen verschont geblieben.
■ TEAMSPIRIT
Wie es um den Mannschaftsgeist bestellt ist, lässt sich am besten an den kleinen Gesten erkennen. Beim einseitigen und früh entschiedenen Spiel gegen Ludwigsburg etwa zeigte Mahalbasic Größe, als er Drijencic im Schlussviertel auf der Bank zu verstehen gab, dass er den jungen Center-Ersatz Marko Bacak auf dem Parkett belassen solle. Auch die anderen Leistungsträger nahmen sich zurück, feuerten die Youngster von der Seitenlinie aus an und bejubelten gelungene Aktionen von Bacak, Marcel Keßen, Haris Hujic und TrainerSohn Robert Drijencic. „Außergewöhnlich“sei dies gewesen, meinte Mladen Drijencic. Dass die Etablierten kurz vor dem Ende auch bei der durch die große EWE-Arena kreisende La Ola mitmach- Ein und dabei feixten wie die Kinder, passte zum Bild einer Mannschaft, in der es augenscheinlich nicht nur sportlich, sondern auch zwischenmenschlich passt.
■ SELBSTBEWUSSTSEIN
Klar, Ludwigsburgs Verteidigung verdiente diese Bezeichnung am Samstag nicht. Dennoch war es beeindruckend, mit welcher Selbstverständlichkeit die Baskets die sich bietenden Lücken nutzten und den Gästen einen Korb nach dem anderen einschenkten. Seit den jüngsten Siegen über Bayern München und Alba Berlin ist die Brust der Oldenburger so breit wie nie. „Natürlich entwickelt man als Mannschaft bei so einem Saisonverlauf ein unglaubliches Selbstbewusstsein“, bestätigte Schwethelm. Das Wissen um die eigene Stärke lasse das Team „gerade zu Hause ein Stück weit ruhiger spielen“.
■ KEINE EURO-BELASTUNG
Die vor der Saison nicht unumstrittene Entscheidung, auf eine Teilnahme am viertklassigen Europapokal-Wettbewerb Europe Cup zu verzichten, hat sich ausgezahlt. „Natürlich ist das ein Vorteil. Wir können uns so besser auf die Gegner vorbereiten“, sagte Klaric. Coach Drijencic ist es mit kluger Trainingssteuerung gelungen, den von den Kritikern des Europa-Verzichts befürchteten Lagerkoller im Team abzuwenden. So profitieren die Baskets in der Bundesliga von der wesentlich geringeren Belastung im Vergleich zu anderen Spitzenteams wie München und Berlin, die Woche für Woche auf höchstem europäischen Niveau gefordert sind.