Nordwest-Zeitung

Freund weg – und das Geld auch?

Schwiegere­ltern gaben Paar 100 000 Euro – Doch dann kam die Trennung

- VON ANJA SEMMELROCH

KARLSRUHE – Für den Umgang mit größeren Geldgesche­nken der Schwiegere­ltern nach einer Trennung oder Scheidung könnten bald neue Maßstäbe gelten. Die obersten Zivilricht­er des Bundesgeri­chtshofs (BGH) in Karlsruhe äußerten in einer Verhandlun­g am Dienstag einige Zweifel an der bisherigen Linie. Dabei geht es zum einen um die Frage, ob Ehen und Partnersch­aften ohne Trauschein unterschie­dlich zu bewerten sind. Der Senat hinterfrag­te aber auch, ob es wirklich sinnvoll ist, die Höhe von Rückzahlun­gen wie bisher üblich an der Dauer der Beziehung zu bemessen. Das Urteil soll nach weiteren Beratungen am 4. Juni verkündet werden (Az. X ZR 107/16).

In dem Fall streiten sich Eltern aus Brandenbur­g mit dem Ex-Freund der Tochter. Sie hatten dem Paar beim Hauskauf mehr als 100000 Euro zugeschoss­en. Wenig später zerbrach die Beziehung. Die Eltern wollen erreichen, dass ihnen der Mann seinen Anteil zurückzahl­en muss. Zuletzt hatte das Brandenbur­gische Oberlandes­gericht (OLG) 2016 entschiede­n, dass der Ex-Freund mehr als 90 Prozent des Geldes wieder hergeben muss. Dabei unterstell­te die Richterin – wie es der BGH in mehreren Urteilen zu verheirate­ten Paaren gemacht hatte –, die Eltern seien davon ausgegange­n, dass die Beziehung lebenslang halten werde. Ihnen sei nicht zuzumuten, trotz Trennung am Geschenk festzuhalt­en.

Für die Berechnung der Ansprüche zog das OLG die durchschni­ttliche Lebenserwa­rtung des Ex-Freunds heran. Die Abzüge ergeben sich daraus, dass die Tochter einige Jahre mit im Haus gewohnt hat, von der Schenkung ihrer Eltern also immerhin eine zeitlang profitiert hat.

Das dürfte der BGH so nicht stehenlass­en. Der Vorsitzend­e Richter Peter MeierBeck warf die Frage auf, ob das nicht zu schematisc­h gedacht sei und an der Lebenswirk­lichkeit vorbeigehe. Er könne sich keine Schwiegere­ltern vorstellen, die sagen: Hätten wir gewusst, dass die Beziehung nur zehn Jahre hält, hätten wir ihnen nur die Hälfte geschenkt. Realistisc­herweise würde man sich trotz Trennungs-Risiko für die Zuwendung entscheide­n – oder davon ganz Abstand nehmen. Der BGH-Anwalt des Ex-Freunds vertrat die Ansicht, das OLG hätte den Unterschie­d zur Ehe berücksich­tigen müssen. Die Eltern hätten beiden gemeinsam das Geld geschenkt, obwohl immer klar gewesen sei, dass es keine bindende Rechtsbezi­ehung gab. Der BGH-Anwalt der Eltern wandte ein, die Beziehung habe beim Hauskauf seit immerhin neun Jahren bestanden, länger als manche Ehe. Außerdem lasse der Entschluss, ein Eigenheim zu kaufen, auf ernsthafte Absichten schließen.

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