Nordwest-Zeitung

Katz-undMaus-

-

Knapp 21 Monate lang haben sie ermittelt. Haben Lügen des nun Verurteilt­en aufgedeckt und angebliche Wahrheiten widerlegt. Immer und immer wieder nachgehakt und nachgebess­ert, internatio­nal Beziehunge­n bemüht und weitreiche­nde Verbindung­en fürs Detailwiss­en gezogen – um diesen Vermissten­fall aufzukläre­n. Natürlich ist all dies originäre Aufgabe der Ermittlung­sbehörden. Doch Glinskis Geschichte­n waren alles andere als normal, das Katz-und-Maus-Spiel nervenzerr­eißend. Was unterm Strich steht, ist tatsächlic­h „exzellente Arbeit“, wie Richter Bührmann es nannte. Chapeau!

@ Den Autor erreichen Sie unter Geschonke@infoautor.de

Mann auswiesen, unter den Journalist­en verteilt. Artikel, die er vor einigen Jahren regelrecht „in Auftrag“gegeben hatte. Denn Glinski stand schon einmal im Fokus der Öffentlich­keit. Als im Dezember 1994 ein deutscher Versicheru­ngsvertret­er brutal nach einem Gelage in einem Hotel in Polen getötet wird, gilt Glinski als der Haupttäter. Zwei Beteiligte beschuldig­en ihn des Mordes, Glinski wird per internatio­nalem Haftbefehl gesucht. Am 13. Juni 1995 stellt er sich der Polizei, ein polnisches Gericht verurteilt ihn zu 25 Jahren Haft.

Über 20 davon verbringt er in mehreren polnischen Gefängniss­en, dann wird er schließlic­h entlassen. Als „unschuldig“, wie er stets beteuert. Nur: Das damalige Urteil ist nach wie vor rechtskräf­tig. Glinski gilt in Polen weiterhin als Mörder. In Polen und auch in deutschen Boulevardm­edien dreht er fortan das große Rad. Die spielen die traurigsch­öne Geschichte vom lieben Kerl, der 20 Jahre unschuldig im Gefängnis saß, mit. Glinski bekommt so in gewisser Weise eine neue Identität, gilt nicht als brutaler Killer, sondern als Mann, dem übel von der polnischen Justiz mitgespiel­t wurde. Irgendwann, so sein Verteidige­r Rückoldt, fing Glinski wohl an, es selbst zu glauben.

Und schließlic­h jener Vorfall mit seinem Vater: Bei einem Spaziergan­g am Fluss in Belgien wird sein Vater – ebenfalls kurz zuvor mit einer hohen Lebensvers­icherung zugunsten Mareks ausstaffie­rt – plötzlich ins Wasser geweht, so erklärte es der 57-Jährige. „Sie haben nach meiner Auffassung auch Ihren Vater ermordet“, sagte da Oberstaats­anwalt Thomas Sander, „und wir werden unsere Erkenntnis­se an die belgischen Behörden weiterleit­en.“

Genug sei Glinski nie genug gewesen, so Sander in seinem brennenden Plädoyer („Da komme ich auf Betriebste­mperatur, wenn ich an Ihre Geschichte­n denke!“). Die einzige Reise, die Danuta Lysien still und heimlich angetreten habe, war jene „Reise in den Tod. Und die haben Sie organisier­t. Kurzum: Sie sind ein schlechter Mensch. Und ein Mörder.“Und nun auch als solcher verurteilt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany