Wie gefährlich sind IS-Rückkehrer?
Auf Polizei und Justiz dürfte viel zusätzliche Arbeit zukommen
Sie zogen nach Syrien oder in den Irak, um für den Islamischen Staat zu kämpfen. Einige stehen nach ihrer Rückkehr bereits vor Gericht, andere sind im Nordirak festgesetzt. Zumindest von Teilen der Dschihad-Rückkehrer dürfte „eine langfristige und nur schwer einzuschätzende Gefahr aufgrund ihres freiwilligen und zum Teil jahrelangen Aufenthaltes im vom sogenannten IS kontrollierten Gebiet ausgehen“, heißt es dazu beim Bundeskriminalamt (BKA).
In der Wiesbadener Behörde wurde nach Angaben einer Sprecherin eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die polizeiliche Themen koordiniert, die mit der Rückkehr von aus Deutschland in den Irak oder nach Syrien ausgereisten Islamisten zu tun haben. Andere Polizeibehörden stocken derzeit auf, um sich mit dem Thema zu befassen.
In der Rhein-Main-Region ist die Justiz schon seit Jahren mit Rückkehrern und IS-Sympathisanten befasst. Einer der beiden Staatsschutzsenate des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt befasst sich nach Angaben einer Gerichtssprecherin nur mit IslamistenProzessen. Schätzungen zufolge wird jeder fünfte Islamisten-Prozess in Frankfurt verhandelt – eine überdurchschnittlich hohe Zahl, da die Mehrzahl der bisherigen Rückkehrer über den Frankfurter Flughafen wieder nach Deutschland eingereist ist. Seit 2010 gab es vor dem OLG 28 Anklagen und 23 Urteile, vier Prozesse laufen derzeit.
Prozessbeobachtung als Einblick in die Denkweise islamistischer Angeklagter – das ist für Studenten und Wissenschaftler des Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam auch ein Forschungsthema. Susanne Schröter, Leiterin des Zentrums, teilt die BKA-Auffassung, dass von Teilen der Rückkehrer Gefahren ausgehen. „Eine Distanzierung vom IS erfolgt außerordentlich selten. Wir werden damit rechnen müssen, dass schwerstradikalisierte Männer und Frauen unter den Rückkehrern sind, Menschen, die aus radikalen Szenen nach Syrien gegangen sind und jetzt wieder in diese Szenen zurück gehen“, sagt sie. Zwar könnten Islamisten auch in ihre nicht radikale Herkunftsfamilie zurückkehren und kämen zum Umdenken. Möglich sei aber auch, dass abgeschottete radikale Kreise durch Rückkehrer personell verstärkt werden. „Wenn man zurück kommt aus der Gefangenschaft, bedeutet das einen enormen Statusgewinn“, sagt Schröter. Wer ausgereist sei, sei in dieser Szene „jemand“, gelte als besonders glaubensfest im Sinne der salafistischen Ideologie.
Ungeachtet der militärischen Niederlagen des IS gebe es in Deutschland einen „ungebremsten Zulauf in dieses Milieu hinein“. „Da hat sich etwas verfestigt: eine Haltung absoluter Feindschaft zum Westen, zur Demokratie und zu allen Werten, die wir mit dem Grundgesetz verbinden.“