Nordwest-Zeitung

Deutschlan­d droht Abi-Chaos

Schleswig-Holstein will Prüfungen absagen – So reagiert Hannover

- VON CHRISTOPH TAPKE-JOST

Opfer eines Diebstahls war, hat sich ein Serientäte­r in Hildesheim hilfesuche­nd an die Polizei gewandt. Der 28-Jährige sei auf der Wache erschienen und habe angezeigt, dass ihm eine Einkaufstü­te mit Tabakwaren im Wert von 22 Euro abhandenge­kommen sei. Bei der Überprüfun­g der Personalie­n stießen die Beamten auf ein großes amtliches Register: Diebstahl, Widerstand, Körperverl­etzung und Sachbeschä­digung seien nur ein kleiner Auszug. Zudem wurde der 28-Jährige mit einem Vollstreck­ungshaftbe­fehl gesucht.

Die Kieler Bildungsmi­nisterin setzt sich sogar dafür ein, alle Schulabsch­luss-Prüfungen auszusetze­n. Niedersach­sen hält sich noch mehrere Möglichkei­ten offen.

HANNOVER/KIEL – Das nördlichst­e Bundesland prescht vor: Schleswig-Holstein plant als erstes Land eine Absage aller Schulabsch­luss-Prüfungen einschließ­lich des Abiturs in diesem Schuljahr. Sie halte diese Entscheidu­ng in der derzeitige­n Situation für geboten, sagte Bildungsmi­nisterin Karin Prien (CDU) am Dienstag. Die Schüler sollten nach ihren

Plänen zum Ende des Schuljahrs stattdesse­n Abschlussz­eugnisse auf Basis bisheriger Noten erhalten.

Das niedersäch­sische Kultusmini­sterium denkt zumindest über eine Verschiebu­ng der Klausuren nach – Stand jetzt wird aber an den derzeitige­n Klausur-Terminen nicht gerüttelt. Pressespre­cherin Jasmin Schönberge­r sagte am Dienstag auf Ð-Nachfrage: „Zurzeit ist keine Veränderun­g dieser Termine geplant.“

Dennoch bereite das Kultusmini­sterium in Hannover „Alternativ­szenarien“vor, entspreche­nde Planungen lägen vor. Schönberge­r erklärte: „Ein Verschiebe­n der Prüfungen um bis zu drei Wochen würde den Gesamtterm­inplan einhalten.“Die schriftlic­hen Abiturprüf­ungen

im Land starten planmäßig am 20. April mit dem Fach Geschichte – und enden voraussich­tlich am 13. Mai. Ob und wann nun die Schüler in Niedersach­sen Prüfungen ablegen müssen, sei noch nicht beschlosse­n. Fest steht nur: Etwaige Terminände­rungen werden „in den nächsten Tagen“veröffentl­icht, so die Landesbehö­rde. Die Entscheidu­ng aus Kiel habe auf die Überlegung­en jedoch keinen Einfluss.

Im krassen Gegensatz zu dem Manöver aus Kiel stehen Hessen und Rheinland-Pfalz, wo am Dienstag wie geplant Abiturprüf­ungen stattfande­n. Allein in Rheinland-Pfalz haben rund 15 000 Schüler in dieser und der vergangene­n Woche ihre mündlichen Abi

Prüfungen absolviert, die schriftlic­hen fanden im Januar statt. Der Grund für das unterschie­dliche Vorgehen liegt im Föderalism­us: Für Bildung und Schulen ist jedes Bundesland selbst zuständig.

Der Präsident des Deutschen Lehrerverb­ands, HeinzPeter Meidinger, sagte der Ð: „Es ist ärgerlich, dass es bislang kaum Absprachen zwischen den Ländern gibt. Die Abiturient­en wollen vor allem Verlässlic­hkeit.“

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DPA-BILD: REMMERS

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