Stillstand in der Stadt, die niemals schläft
25 000 New Yorker haben sich bereits mit Virus angesteckt – Und das ist erst der Anfang
Mit einer baldigen Besserung rechnen die Wenigsten: „Der April wird schlimmer als der März“, sagt New Yorks Bürgermeister de Blasio. Und der Mai noch schlimmer als der April.
NEW YORK – Gelbe Osterglocken, weiße Schneeglöckchen, lilafarbene Krokusse: Im New Yorker Central Park ist der Frühling ausgebrochen. Die Sonne strahlt vom Himmel, Gitarrenmusik klingt über die Wiesen. „Ich spiele hier, um die Anspannung etwas abzumildern“, sagt der Straßenmusiker und lächelt erschöpft.
Denn das hier ist kein normaler Frühlingstag in New Yorks beliebtestem Park. Deutlich weniger Menschen als sonst sind unterwegs. Viele tragen Masken. Alle halten Abstand – so gut das in der am dichtesten besiedelten Stadt der USA eben möglich ist.
Schnell und drastisch
Die Coronakrise ist in New York angekommen – und das schnell und drastisch: Am 1. März wurde das Virus erstmals in Manhattan nachgewiesen, rund drei Wochen später liegt die Zahl der Fälle – auch aufgrund sprunghaft angestiegener Tests – bereits bei mehr als 25 000. Rund 125 Menschen sind in der Stadt bereits an den Folgen einer Corona-Infektion gestorben.
Die drei Wochen seit dem ersten Fall haben New York – die Stadt, die normalerweise sprichwörtlich niemals schläft – radikal verändert. Als die Corona-Zahlen jeden Tag weiter
Tests kommen positiv zurück – im Rest des Landes liegt dieser Schnitt bei acht Prozent. Es werde nicht mehr lange dauern, bis die Krankenhäuser nicht mehr in der Lage sein würden, alle Corona-Patienten zu behandeln, warnt Gouverneur Cuomo. Ihm zufolge könnte der Höhepunkt der Infektionen in der Stadt in zwei bis drei Wochen erreicht sein, bis dann würden etwa 140 000 Betten gebraucht. Cuomo sagte, er habe kein Problem damit, die Schlafsäle von Universitäten oder Hotels zu Krankenhäusern umzufunktionieren: „Ich werde diesen Staat auf den Kopf stellen.“Mehrere Behelfs-Krankenhäuser sollen eingerichtet werden, ein Lazarettschiff der US Navy ist auf dem Weg in den Hafen.
Menschenleer und düster
Mit einer baldigen Besserung rechnen nur noch die Wenigsten. „Der April wird schlimmer als der März“, sagt Bürgermeister de Blasio. „Und ich fürchte, der Mai wird noch schlimmer als der April.“Das Ausmaß der Auswirkungen auf die eigentlich boomende Wirtschaft der Millionenmetropole will sich dieser Tage niemand wirklich ausmalen.
New York, geprägt von hart arbeitenden Einwanderern aus aller Welt, lässt sich Laune, Optimismus und Hilfsbereitschaft nicht nehmen. „Kopf hoch“, steht auf einem Schild an einem Geschäft auf der Upper East Side. Allein in den vergangenen 20 Jahren hat die Millionenmetropole die Terroranschläge vom 11. September 2001, die Finanzkrise von 2008 und den Wirbelsturm Sandy 2012 überstanden – und ist immer gestärkt daraus hervorgegangen.
Die aktuellen Zahlen aus Deutschland und der Welt:
Um fast 5000 Fälle sind die Coronainfektionen in Deutschland von Montag auf Dienstag angestiegen. Laut einer dpa-Umfrage sind inzwischen 32 419 Menschen mit dem Virus infiziert, 153 Covid-19-Patienten starben. NordrheinWestfalen, Bayern und Baden-Württemberg sind mit Abstand am stärksten betroffen. In Niedersachsen werden inzwischen 2071 Infizierte und sieben Tote gezählt. Am Vortag waren es noch 1779 Infizierte und sechs Tote. Weltweit registrierte das Johns-HopkinsCenter an der Universität Baltimore rund 398 000 Corona-Infizierte, von denen knapp 17 500 starben.
US-Präsident verspricht baldige Besserung:
US-Präsident Donald Trump hat der amerikanischen Bevölkerung eine baldige Erholung von der Coronakrise in Aussicht gestellt. „Die Beschwernisse werden enden, sie werden bald enden“, sagte er am Montagabend (Ortszeit). „Amerika wird bald wieder offen sein für Geschäfte.“Und dies werde früher sein als erst in drei oder vier Monaten.
Schärfere Regelungen in Großbritannien:
Nun hat auch die britische Regierung im Kampf gegen das Coronavirus weitreichende Ausgangsbeschränkungen beschlossen. Premierminister Boris Johnson wies seine Landsleute am Montagabend in einer im Fernsehen übertragenen Rede an die Nation an, das Haus nur noch so wenig wie möglich zu verlassen. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, solle dies nur noch für den Einkauf wesentlicher Dinge wie Lebensmittel und Medikamente und für den Weg zur Arbeit geschehen.
Deutschland versorgt Patienten aus Krisenregionen:
Deutschland unterstützt seine EU-Partner Italien und Frankreich bei der Behandlung schwerkranker CoronaPatienten – dort sind mancherorts die Intensivstationen der Krankenhäuser wegen der Pandemie völlig überlastet. Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und das Saarland haben schon Notfallpatienten aus dem Elsass aufgenommen, die beatmet werden müssen. Sachsen, Bayern und NRW nehmen Schwerkranke aus Norditalien auf.
UN planen Lager für Lebensmittel:
Das Welternährungsprogramm der UN will angesichts der Corona-Pandemie zusätzliche Lebensmittellager für rund 87 Millionen bedürftige Menschen in armen Ländern anlegen. Auch soll weitere Hilfe mit Bargeld anlaufen, teilte eine WFP-Sprecherin am Dienstag in Genf mit. Die neuen Maßnahmen sollen die Ernährung für mindestens drei Monate sicherstellen, betonte sie. Das WFP hoffe auf Zuwendungen von Regierungen in Höhe von 1,9 Milliarden US-Dollar.