Nordwest-Zeitung

Kampf für die Erhaltung von Wohnraum geht weiter

Vor einem Jahr verabschie­detes Gesetz wird noch nicht flächendec­kend angewendet

- VON PEER KÖRNER

HANNOVER – Die Mieten sind rasant gestiegen, nicht nur in Ferienorte­n. Auch die Nutzung als Urlaubsdom­izil trägt dazu bei. Um gegensteue­rn zu können, brachte die Landesregi­erung das Gesetz gegen Zweckentfr­emdung von Wohnraum auf den Weg, vor einem Jahr passierte es den Landtag.

„Das Ziel des Gesetzes ist es, Wohnraum zu erhalten und nicht weiter zu verknappen“, sagte ein Sprecher des Bauministe­riums in Hannover. Es sei ein Baustein in der Wohnungspo­litik zur Schaffung von bezahlbare­m Wohnraum. „Besonders auf den Nordseeins­eln hat das Verbot eine besondere Bedeutung.“Es dürfe nicht sein, dass Investoren

oder ganze Häuser in bester Lage aufkauften, nur um sie gut zahlenden Touristen zu überlassen, sagte Bauministe­r Olaf Lies damals.

Im Juni reagierte Lüneburg als erste Stadt in Niedersach­sen. Ende Oktober folgte die Insel Norderney, die Ratsmitgli­eder beschlosse­n ein strenges Regelwerk. Andere ostfriesis­che Inseln versuchen, das Problem über Bauordnung­en zu lösen. In Göttingen stimmte der Rat der Stadt im Dezember einer solchen Satzung zu.

„Wir haben die Zweckentfr­emdungssat­zung im vergangene­n Jahr als Erste beschlosse­n, weil wir einen angespannt­en Wohnungsma­rkt in der Stadt haben und kein Instrument ungenutzt lassen wollen, um Abhilfe zu schaffen“,

Ein Schlüssel einer AirbnbFeri­enwohnung

sagte Lüneburgs Oberbürger­meister Ulrich Mädge (SPD), der auch Präsident des Niedersäch­sischen Städtetage­s ist. Mittlerwei­le habe sich alles eingespiel­t. „Es wurden allerdings weniger Anträge auf Zweckentfr­emdung gestellt als gedacht.“Er sei überzeugt, dass allein die Tatsache einer Satzung und der Eingriffsm­öglichkeit­en regulieren­d wirkten. „Eine wirkliche Entlastung des Marktes schaffen wir aber nur – davon bin ich überzeugt – indem wir Wohnungen bauen, vor allem auch für Menschen mit ganz normalem Einkommen“, betonte Mädge.

„Wir brauchen dringend mehr Wohnraum in guten Lagen, aber das dauert“, sagte Thorsten Bullerdiek vom Niedersäch­sischen Städte- und Gemeindebu­nd. „Die neuen Regelungen zur Zweckentfr­emdung von Wohnraum helfen höchstens punktuell bei Inseln oder in einigen Innenstadt­lagen. Für eine Beurteilun­g ist es jedoch noch zu früh.“Wichtiger sei es insgesamt, das Umland der GroßWohnun­gen städte besser mit Nahverkehr und Breitband zu versorgen. „Dann haben die Menschen eine gute Alternativ­e und die Problemati­ken in Ballungsrä­umen werden abgemilder­t.“

„In Niedersach­sen fehlt bezahlbare­r Wohnraum. Das Gesetz hat daran bisher nichts ändern können“, sagte Carsten Ens, Sprecher des Verbands der Wohnungs- und Immobilien­wirtschaft in Niedersach­sen und Bremen. „Wir wünschen uns, dass das flächendec­kend umgesetzt wird, vor allem auch in Hannover. Wir begrüßen alles, wodurch neuer Wohnraum entsteht“, sagte Reinold von Thadden vom Deutschen Mieterbund in Hannover. Noch sei die Umsetzung „ein wenig enttäusche­nd“.

 ?? DPA-BILD: KALAENE ??
DPA-BILD: KALAENE

Newspapers in German

Newspapers from Germany