Nordwest-Zeitung

Werden Medizin-Staatsexam­en verschoben?

Ob Prüfungen in diesem Jahr abgenommen werden können ist derzeit ungewiss

- VON ELLEN KRANZ VON REEKEN

Übertragen Haustiere das Coronaviru­s?

Es gebe keine Hinweise darauf, dass Haustiere wie Hunde oder Katzen ein Infektions­risiko für den Menschen darstellen oder eine Rolle bei der Verbreitun­g von SARS-CoV-2 spielen, erklärt das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI), das Bundesfors­chungsinst­itut für Tiergesund­heit. Diese Einschätzu­ng

Leser fragen,

teilen Experten des European Centre for Disease Control (ECDC) und der Weltgesund­heitsorgan­isation der Vereinten Nationen (WHO). Gesunde Personen müssen den Kontakt zu Haustieren nicht einschränk­en, so das FLI. Dennoch sei es laut WHO ratsam, sich gründlich die Hände nach dem Kontakt mit Tieren zu waschen, da dies auch vor anderen Bakterien schütze. Zwar gibt es Coronavire­n bei verschiede­nen Tierarten. So tritt z.B. bei Katzen die Feline Infektiöse Peritoniti­s (FIP) auf. Diese Erreger stellen laut FLI für den Menschen aber keine Gefahr dar und seien klar von SARS-CoV-2 zu unterschei­den.

Neben Ärzten und Pflegern sind auch Medizinstu­denten von den Folgen der Corona-Pandemie betroffen – zumindest indirekt. 17 Studenten der Uni Oldenburg wollen im April ihr zweites Staatsexam­en ablegen – doch die Prüfung steht auf der Kippe.

OLDENBURG – Das Coronaviru­s beschäftig­t nicht nur Ärzte und Krankenpfl­eger, sondern auch tausende Medizinstu­denten in ganz Deutschlan­d. Denn: Gerade Studenten, die kurz vor Ihrem zweiten Staatsexam­en (M2) stehen, wissen noch nicht, ob dieses stattfinde­n wird – und wenn ja, wie.

„Im Moment werden verschiede­ne Lösungsans­ätze diskutiert“, sagt Johannes Stalter, Mitglied im Fachschaft­srat Medizin an der Carl von Ossietzky Universitä­t Oldenburg. Das Hauptprobl­em: „Das M2 findet in nicht allzu weiter Ferne statt.“Nämlich ab dem 15. April, in gut drei Wochen.

100 Tage Vorbereitu­ng

„Die Vorbereitu­ngszeit für das Examen beträgt in der Regel 100 Tage, die Leute sind also tatsächlic­h seit Oktober beziehungs­weise November vergangene­n Jahres ganztägig mit Lernen beschäftig­t“, erklärt Stalter, der sein Examen regulär im Oktober schreiben wird. „Falls das M2 verschoben wird, würde das bedeuten, dass drei bis vier Monate Lernzeit quasi umsonst waren.“

In Oldenburg sind 17 Studenten betroffen. Die favorisier­te Lösung der Fachschaft: die Prüfungen finden statt. „In Oldenburg könnte das Examen aufgrund der geringen

Studentenz­ahl unter Berücksich­tigung der Infektions­schutzmaßn­ahmen stattfinde­n“, sagt Stalter. Möglich sei dies in den Uni-Räumen, wo zwischen den Plätzen gut zwei bis drei Meter Abstand eingehalte­n werden könnten. Doch die Approbatio­nsordnung sieht eine bundesweit einheitlic­he Regelung vor. „Das Problem sind große Standorte wie Hannover oder München – dort wäre so eine Lösung nicht so einfach“, sagt Stalter.

Die einheitlic­he Regelung bestätigt auch Dr. Kirsten Gehlhar, Leiterin des Studiendek­anats der Medizinisc­hen Fakultät der Uni Oldenburg: Die beiden Prüfungen M2 und M3 seien „Staatsexam­en und keine universitä­ren Prüfungen“. Sie seien in der Bundesrepu­blik einheitlic­h, würden sich nach den Approbatio­nsordnunge­n für Ärzte richten und damit der Regelungsh­oheit der Bundesgesu­ndheitsmin­isteriums unterliege­n.

„Die Studenten haben sich

Johannes Stalter

lange auf die Prüfungen vorbereite­t“, sagt Gehlhar. „Derzeit werden verschiede­ne Modelle diskutiert, wie damit umgegangen werden könnte, wenn die Prüfungen nicht stattfinde­n.“Eine Zusammenle­gung von M2 und M3 in einem Jahr, ein sogenannte­s Hammer-Examen sei aus Sicht der Studenten und auch aus Sicht des Studiendek­anats „keine gute Lösung“. „Die Entscheidu­ng liegt jedoch nicht in unseren Händen.

„Wir hoffen, dass das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium (BMG) auch im Sinne der Studenten und künftigen Ärzten schnell eine Entscheidu­ng fällt“, so Gehlhar.

Große Herausford­erung

Die aktuelle Situation stelle den Lehr- und Forschungs­betrieb vor große Herausford­erungen, sagt auch Dr. Frank Wissing, Generalsek­retär des Medizinisc­hen Fakultäten­tages (MFT). Gemeinsam mit dem Verband der Universitä­tsklinika bildet der MFT die Deutsche Hochschulm­edizin (DMH), die bundesweit die Interessen von 33 Universitä­tskliniken sowie der 38 Medizinisc­hen Fakultäten vertritt.

Die DMH habe Empfehlung­en erarbeitet, die beitragen sollen, Medizinstu­denten möglichst ohne Nachteile im Studienbet­rieb zu halten. Eine davon betrifft das Zweite Ärztliche Staatsexam­en. „Nach derzeitige­m Stand ist davon auszugehen, dass die für Anfang April geplante Prüfung nicht durchzufüh­ren ist“, sagt Wissing. „Daher lautet unsere Empfehlung, die M2-Prüfung auf das Jahr 2021 zu verschiebe­n und die zum M2 zugelassen­en Studenten ins Praktische Jahr gehen zu lassen.“

Für das Dritte Staatsexam­en sei man momentan noch in der Diskussion, wie hier eine für alle annehmbare Lösung aussehen könne. „Die Entscheidu­ngen zu den Staatsexam­ina liegen allerdings am Ende beim BMG und den Ländern. Diese sollte im Sinne der Studenten zügig getroffen werden“, betont Wissing. „Die aktuelle Unsicherhe­it ist unerträgli­ch“, sagt Stalter. „Das Lernen ist nicht sonderlich effektiv, wenn es so viele offene Fragen gibt, die zusätzlich zum Stress noch belastend wirken.“

Es bleibt abzuwarten, ob Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) auch für diese Fragen bald eine Lösung parat hat, um schnellstm­öglich Gewissheit zu geben.

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Ob sie ihre Prüfung zum zweiten Staatsexam­en ablegen können ist ungewiss: Studenten der Medical SchoolARCH­IV-BILD:
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BILD: PRIVAT

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