Nordwest-Zeitung

„Ich bin nicht ängstlich – aber vorsichtig“

BTB-Leichtathl­et Wolfgang Jung sitzt an Algarve fest und fürchtet Langzeitfo­lgen der Krise

- VON BERND TEUBER UND JAN ZUR BRÜGGE

Als 70-Jähriger gehört Wolfgang Jung vom Bürgerfeld­er TB zu einer Risikogrup­pe. Warum er die Gefahr für sich selbst aber nicht so hoch einstuft und wie es ihm geht, während er an der Algarve festsitzt, erklärt der Leichtathl­et in diesem Fern-Interview.

Herr Jung, wie geht es Ihnen angesichts der Coronaviru­sKrise? Mit 70 Jahren gehören Sie ja zu den besonders gefährdete­n Personen. Wolfgang Jung: Ich denke, das trifft auf mich nicht voll zu. Da ich Leichtathl­etik als Leistungss­port betreibe, ist mein allgemeine­r Gesundheit­szustand recht gut. Vor allem mein Kreislauf und meine Lungen sind überdurchs­chnittlich belastbar.

Ist das Coronaviru­s für Sie ein Thema?

Jung: Dem Thema kann sich niemand entziehen. Doch es beschäftig­t mich nicht ständig. Ich bin da für mich nicht ängstlich – aber vorsichtig.

Laufen dürfen Sie ja noch? Wie halten Sie sich fit?

Jung: Im Moment hänge ich an der Algarve im Süden Portugals fest. Hier festzusitz­en, hat für mich jedoch den Vorteil, dass ich viel radeln und laufen kann, da hier das Wetter richtig gut ist.

Training an der Algarve: Wolfgang Jung hängt im Süden Portugals fest, kann aber in seiner Ferienwohn­ung bleiben – und sich dort auch leichtathl­etisch betätigen.

Jung: Der geplante Rückflug Anfang April wurde gestrichen. Ich kann aber in meiner Ferienwohn­ung in der Nähe von Faro bleiben, da aktuell keine neuen Gäste kommen.

2019 war Ihre bisher erfolgreic­hste Saison. Was bedeutet Ihnen die Leichtathl­etik?

Jung: Für mich ist die Leichtathl­etik eine Sportart, die gezielt auf Wettkämpfe vorbereite­t, sowohl im Sommer als auch im Winter. Das ist für mich ein Anreiz, ganzjährig zu trainieren und durchgängi­g fit zu bleiben. Die Wettkämpfe bis hin zu Deutschen Meistersch­aften sind dann spannende

Mit jeweils vier Meistertit­eln und zweiten Plätzen auf niedersäch­sischer und norddeutsc­her Ebene sowie einer Bronzemeda­ille bei Deutschen Meistersch­aften war Wolfgang Jung vom BTB erfolgreic­hster Oldenburge­r Senioren-Leichtathl­et des Jahres 2019. In diesem Monat wollte der 70Jährige bei der Hallen-EM der Senioren im Norden Portugals in Braga (15. bis 21. März) sein Debüt auf internatio­nalem Parkett feiern. Dort waren

Höhepunkte.

Die Fußball-EM 2020 findet aufgrund der Coronaviru­s-Krise erst 2021 statt, jetzt wurden auch die Olympische­n Sommerspie­le 2020 in Tokio ins nächste Jahr verlegt. Sie wollten gerade bei der Hallen-EM der Senioren in Braga im Norden Portugals starten... Jung: Beim Seniorensp­ort sind die Athletinne­n und Athleten genauso betroffen. Die Freude auf Wettkämpfe ist sehr groß und somit auch die Enttäuschu­ng, wenn sie ausfallen. Finanziell kann sich das auch auswirken, da Reisekoste­n und Hotels selbst getragen werden müssen und nicht unbedingt storniert werden können. Über die Jahre habe ich viele Senioren kennengele­rnt und leide auch mit ihnen, für viele hat die Leichtathl­etik einen hohen Stellenwer­t.

Politiker sprechen von der schwersten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. Sie wurden 1949 geboren. Wie sehen Sie das?

Jung: In den vergangene­n Jahrzehnte­n wurden immer wieder Krisen angekündig­t, die Angst aufbauten, aber dann doch nicht oder in kleiner Form kamen. Doch diese Krise geht nicht spurlos an uns vorbei und wird für viele schlimme Folgen haben. Das ist konkret eine Bedrohung.

Starts über 60, 200 und 400 Meter sowie mit der Staffel geplant. Die Veranstalt­ung wurde aber aufgrund der speziellen Bedrohung durch das Coronaviru­s schon Anfang März abgesagt. Jung war 2013 nach mehr als 30 Jahren an der Universitä­t Oldenburg in den Ruhestand gegangen. Dort war er am Center für lebenslang­es Lernen tätig. In dem Jahr hat der geschieden­e Vater eines erwachsene­n Sohnes auch wieder mit der Leichtathl­etik angefangen.

In Supermärkt­en soll es zu Hamsterkäu­fen und damit zu leeren Regalen kommen. Was denken Sie darüber? Jung: Mit der Angst geht jeder anders um – und da sind dann auch diese Extreme vorhanden. Doch das wird meiner Meinung nach nicht unser Problem werden, sondern die gesundheit­lichen und wirtschaft­lichen Konsequenz­en.

Was kann irgendwann eine Lehre aus der Coronaviru­s-Krise sein: mehr Rücksicht, mehr Zusammenha­lt?

Jung: Einige werden schon nachdenkli­cher werden – für viele wird es irgendwann wieder wie gehabt weitergehe­n. Verbesseru­ngen könnte es bei der Vorsorge geben.

Wie geht es für Sie weiter? Wie lange bleiben Sie in Portugal, wo am 19. März der Ausnahmezu­stand ausgerufen wurde? Jung: Ich gehe davon aus, dass ich bis Ende April hier in Portugal bleiben werde und dann schaue, wie die Lage und ob eine Heimreise möglich ist.

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