Schafzüchter in Sorge vor dem Wolf
Birgit und Reiner Dreyer bringen ihre Tiere noch nicht auf den Deich
Wölfe, die in Ställe eindringen, seien Problemwölfe. Sie müssten gezielt entnommen werden, fordert Dr. Hartmut Seetzen vom Kreislandvolk.
BORNHORST/MOORHAUSEN – Birgit und Reiner Dreyer sind in Sorge. Die Züchter der Hausschafrasse Suffolk befürchten, dass der Wolf auch bei ihnen Tiere reißen könnte. Bei ihren Nachbarn, zum Beispiel bei Gerd Stumpenhorst, gab es in der vergangenen Woche mehrere tote Schafe und ein totes Kalb zu beklagen. Die Angst ist nicht unbegründet. „Der Wolf wurde am Sonntag in Fuchsberg gesehen und sogar gefilmt“, sagt Birgit Dreyer und zeigt ein Video, auf dem deutlich ein Wolf zu sehen ist, der vor einem Traktor Reißaus nimmt. Die Weide hinter ihrer Deichschäferei leuchten sie jetzt nachts mit LED-Strahlern aus. So hoffen sie, das Raubtier dadurch abzuschrecken.
250 Mutterschafe
Ihre Deichschäferei in Moorhausen. Seit Tagen erleben die Menschen hier unruhige Nächte. Ihre 250 Muttertiere und zurzeit etwa 300 Lämmer haben Birgit und Reiner Dreyer geschützt, so wie es vorgeschrieben ist. „Es ist sehr viel Arbeit, die Pfähle zu stecken und die Zäune in Stand zu halten“, betont Reiner Dreyer. Die Zäune beim Haus bestehen aus Maschendraht, Knotengeflecht oder Elektronetzen. „Theoretisch ist das wolfssicher“, sagt Birgit Dreyer. In der Theorie. Denn aus Erfahrung wisse man, dass ein Wolf die Höhe von 90 oder 120 Zentimetern spielend überspringen könne. Und am Deich, erläutern die beiden Schafzüchter, könne man die Zäune nicht überall setzen.
Es ist für Schafzüchter ein Dilemma. Einerseits sollen sie mit ihren Schafen die Deiche schützen. Die Tiere halten das Gras kurz. Außerdem trampeln
Die Deichschäferei Moorhausen von Birgit und Reiner Dreyer mit dem neu hergerichteten Stall, der videoüberwacht ist. Das Ehepaar züchtet sehr erfolgreich die Hausschafrasse Suffolk.
die Schafe den Deich schön fest. Andererseits sollen sie ihre Herden vor Wolfsangriffen schützen. „Wie soll das gehen“, fragen sich die beiden Herdbuchzüchter. Es seien ein immenser Zeitaufwand und auch erhebliche Kosten damit verbunden, die Deiche und Weiden zu sichern, einmal ganz abgesehen davon, ob das Ganze auch praktikabel umzusetzen ist.
Denn das sprießende Gras beim Zaun beispielsweise müsse kurz gehalten werden mit der Sense, sonst wirke der Strom nicht. Herdenschutzhunde zu halten, um die Tiere zu schützen, sei nicht möglich in einem Ausflugsgebiet. Nicht auszudenken, wenn ein Mensch auf eine vom Herdenschutzhund bewachte Weide geriete. „Was soll man noch tun“, rätseln die beiden Schafzüchter. „Wenn sie einen wolfssicheren Zaun sehen wollen, fahren Sie zum Wolfcenter Dörverden“, so der 57-Jährige.
Da müsse schnell eine Gesetzesentscheidung her, betonen die beiden und kritisieren das „Stückwerk der Politik“. Jeder fühle sich allein gelassen, betont das Ehepaar, das die Deichschäferei in Moorhausen seit dem 1. Mai 2019 vom II. Oldenburgischen Deichband
Birgit Dreyer inmitten ihrer Schafe
gepachtet hat. „Der Deichband unterstützt uns, wo er nur kann“, merken sie an.
Die Schafe mit den Lämmern müssen raus. Denn der Stall wird voll und das Futter wird knapp. „Wir müssten die Schafe auf den Deich bringen, haben das aber verschoben“, erzählt Reiner Dreyer. Man stehe ganz alleine da. Es käme keiner, der sagte: „Bringt die Schafe auf die Weide. Wir übernehmen das Risiko.“
Viel Geld investiert
Reiner Dreyer und seine Frau haben viel investiert in
Vorwoche: Gerd Stumpenhorst mit gerissenem Schaf
Moorhausen. Der Stall mit seinen 30 einzelnen Ablammboxen zählt zu den modernsten in Deutschland. „Wir möchten durchhalten“, sagen die beiden. „Ich habe mir einen Traum erfüllt“, merkt die 53Jährige an. Die Herdbuchzucht sei seit sieben Jahren erfolgreich. Vor drei Jahren stellte man für den Schafzuchtverband Weser-Ems erstmals einen Bundessieger. Das gebe man nicht auf – und nun die Angst vor einem Wolf.
■ Wölfe machen, anders als immer wieder vorhergesagt, auch vor Schafen auf den Deichen nicht Halt: In der vergangenen Woche gab es einen
Riss am Emsdeich in Westoverledingen/Landkreis Leer, wo mehr als 20 Schafe tot aufgefunden wurden. Das Landvolk habe immer wieder gefordert, dass die Küstengebiete wolfsfreie Zonen bleiben müssten, betont Dr. Hartmut Seetzen, Vorsitzender des Kreislandvolkverbands Friesland. Entlang der Deiche seien Herdenschutzmaßnahmen wie stromführende Zäune oder Herdenschutzhunde angesichts der zahlreichen Touristen und Ausflügler nicht umzusetzen. Außerdem würden vor allem in den Küstenregionen viele Tiere auf der Weide gehalten – ein reich gedeckter Tisch für Wölfe.
„Problemwölfe“
„Wölfe, die in Ställe eindringen und auf unseren Deichen unterwegs sind, sind für uns Problemwölfe, die gezielt entnommen werden müssen“, fordert Hartmut Seetzen. „Es muss endlich ein echtes Wolfsmanagement in Niedersachsen mit einer Regulierung des Bestands geben. Sonst wird es nur eine Frage der Zeit sein, bis die nächsten Tiere hier auftauchen“, so der Vorsitzende des Kreislandvolkverbandes Friesland.