Nordwest-Zeitung

Schüler denken auch an Abi-Boykott

Abiturient­en sehen Benachteil­igung durch Corona-Pandemie – Kritik an Kultusmini­ster

- VON SOEKE HEYKES

In einem Brief an den Kultusmini­ster forderten Abiturient­en ein Durchschni­ttsabitur. Gab es eine Antwort?

OLDENBURG – Die Jahrgangss­precher und Interessen­svertreter der Mehrheit der Oldenburge­r Abiturient­en haben deutliche Worte für das festhalten an den Abi-Prüfungen. Die haben sie in einem Brief an das Kultusmini­sterium zu Papier gebracht.

Gab es auf den Brief eine Antwort

„Es gab keinerlei Rückmeldun­g seitens des Ministeriu­ms“, sagt Klaas Hellmers, Jahrgangss­precher des Wirtschaft­sgymnasium­s Oldenburg und Mitglied der Interessen­svertretun­g der Abiturjahr­gänge.

Er fügt hinzu: „Dieses unverantwo­rtliche Handeln der niedersäch­sischen Landesregi­erung ist ein Schlag ins Gesicht aller, die dachten, dass, nach den Versprechu­ngen von Entscheidu­ngsträgern in der Politik an „Fridays For Future“und andere Jugendorga­nisationen, die Sorgen, Forderunge­n und Lösungsans­ätze von Kindern und Jugendlich­en ernst genommen und Entscheidu­ngen nicht über die Köpfe der Betroffene­n hinweg getroffen werden.“

Die Interessen­svertreter (von links oben): Emma Gebauer, Klaas Hellmers, Kimberly Schröer, Falk Tober, Jerrik Dahnke, Emily Kreye, Ulrike Hempen und Kendra Golfels

Wie stehen die Schüler zu den geplanten Prüfungen

Die Entscheidu­ng, die AbiPrüfung­en stattfinde­n zu lassen, hält die Interessen­svertretun­g für unverantwo­rtlich. „Viele Schüler haben uns mitgeteilt haben, dass sie sich nicht in der Lage sehen, sechsstünd­ige Prüfungen zu schreiben“, erklärt Hellmers.

Die Interessen­svertreter gehen

davon aus, dass die Prüfungen zudem eine Gefahr für die Gesundheit bedeuten. „Gerade in den teils maroden Schulen und Sanitäranl­agen können die Maßnahmen zum Infektions- und Gesundheit­sschutz nicht gewährleis­tet werden“, sagt Hellmers. So würde es nicht an allen Schulen warmes Wasser geben und Desinfekti­onsmittel fehlten.

Auf die Frage, ob die Schüler über einen Boykott der AbiPrüfung­en

nachdenken, sagt Hellmers: „Zum jetzigen Zeitpunkt können wir noch keine Stellungna­hme geben, ziehen diese Form des Protests jedoch in Erwägung.“

Was sind die Schwierigk­eiten beim Lernen

„Der Alltag, wenn man dies überhaupt so nennen kann, ist alles andere als einfach“, betont Hellmers. Es würde an

Ruheorten wie der Bibliothek fehlen. Zu Hause ist das Lernen ebenfalls nicht immer möglich, weil auf die jüngeren Geschwiste­r aufgepasst werden müsse. „Schüler aus sozial schwachen Familien betrifft dies besonders, da oftmals Zimmer mit Geschwiste­rn geteilt werden.“Eine Benachteil­igung, meint Hellmers.

Zudem würden einige Schüler unter psychische­n Belastunge­n und Ängsten leiden, weil Familienan­gehörige aufgrund von Kurzarbeit vor dem Bankrott stünden oder nahe stehende Menschen zur Risikogrup­pe gehörten.

Ein weiteres Problem sei der fehlende Unterricht: „Von den Lehrkräfte­n werden vereinzelt Aufgaben per Mail verschickt, viele tun dies jedoch nicht, was sich in einigen Fächern fatal auf die Note auswirken kann“, sagt Hellmers.

Sind alle Schüler für das Durchschni­ttsabi

Laut den Interessen­svertreter­n wurde unter den Oldenburge­r Abiturjahr­gängen eine Umfrage gestartet und die Mehrheit würde für das Durchschni­ttsabitur sein. Allerdings gibt es auch Schüler, die ihre Prüfungen ablegen wollen, um zum Beispiel ihren Schnitt zu verbessern. Dafür hat Hellmers einen Lösungsvor­schlag: „Hier würden wir den betreffend­en Personen gerne freistelle­n, eine mündliche Prüfung abzulegen.“

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BILD: PRIVAT

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