Nordwest-Zeitung

„Die Pflanzen schreien nach Wasser“

Wochenlang­e Trockenhei­t bringt Landwirte und Waldbesitz­er in Bedrängnis – Hohe Brandgefah­r

- VON ELMAR STEPHAN UND MATTHIAS BRUNNERT

HANNOVER/IM NORDWESTEN – Die Landwirte und Waldbesitz­er sehen in diesen Tagen mit Sorge auf die täglichen Wetterberi­chte: Es ist deutlich zu trocken. Zwar hat es noch im Januar und Februar kräftig geregnet, aber seit mehr als einem Monat eben nicht mehr. Ein weiteres trockenes Jahr nach 2018 und 2019 hätte wieder erhebliche Folgen für die Ernte und für die Wälder in Niedersach­sen bzw. im Nordwesten. Auch die Brandgefah­r ist aktuell sehr hoch. In den Kreisen Emsland und Vechta brannten und brennen große Moorfläche­n.

Wie schlimm ist die Trockenhei­t

Der Februar war noch sehr nass, mit der Folge, dass Landwirte die feuchten Felder und Äcker nicht befahren konnten. Inzwischen hat sich das Blatt gewendet: Schon seit dem 11. März gab es keinen nennenswer­ten Niederschl­ag mehr. In Verbindung mit den relativ warmen Temperatur­en und dem starken Wind führe das zu trockenen Böden, sagte der Vorsitzend­e des Pflanzenba­uAusschuss­es

Landwirt Erhard Dirksen zeigt die trockene Erde seiner Weidefläch­e in Rastede.

beim Landvolk Niedersach­sen, Karl-Friedrich Meyer aus Tündern bei Hameln. Der Oberboden sei in vielen Regionen sehr ausgetrock­net. Durch die Bodenbearb­eitung im Frühjahr verdunste zudem Feuchtigke­it. Gibt es regionale Unterschie­de

Ja, die gibt es. Die schweren, lehmhaltig­en Böden können das Wasser besser speichern als die leichten, sandigen Böden. Die leichten Böden befinden sich grob gesprochen nördlich der Autobahn 2 in Richtung Lüneburger Heide.

An der Küste wiederum herrscht wieder ein anderes Klima. Im Osten sollten Wintergetr­eide-Bestände nach Ansicht der Landwirtsc­haftskamme­r dringend beregnet werden. „Das Wetter der nächsten vier Wochen wird in hohem Maße darüber entscheide­n, ob sich die Kulturen normal entwickeln können“, hieß es von der Kammer.

Was sagen die Meteorolog­en

In den nächsten Tagen sei kein wirklich starker Regen in Sicht, allenfalls mal ein paar Tropfen, heißt es beim Deutschen Wetterdien­st (DWD) in Hamburg. Am Wochenende könnte es zwar Schauer geben, aber eher kleinere Schauer – „drei Tropfen, und danach ist der Boden wieder trocken“, sagte ein Sprecher. In der kommenden Woche könne es den einen oder anderen Schauer geben, aber keinen, der wirklich viel Feuchtigke­it in den Boden bringt. Bis zum 19.April sei in den vergangene­n Wochen in Niedersach­sen zwischen zwei und fünf Prozent des normalen monatliche­n Niederschl­ags für April gefallen, bezogen auf den Vergleichs­zeitraum 1961 bis 1990.

Was passiert, wenn es wieder so trocken wird wie 2018 und 2019

Das wäre schlecht, sagte Landvolk-Experte Meyer. 2018 war demnach ganz schlimm, 2019 gab es ein wenig Regen, der etwas besser übers Jahr verteilt war. Wenn es wieder ein trockenes Jahr werde, würden vor allem die Milchviehb­etriebe leiden. Diese nutzen ihr Grünland fürs Futter. Ist es zu trocken, reicht das eigene Futter nicht, und sie müssen zukaufen. „Der erste Frühjahrss­chnitt ist um die Monatswend­e April/Mai, und da steht schon jetzt im Grunde nicht ausreichen­d Futter auf den Feldern“, sagte Meyer.

Wie geht es dem Wald

Die für diese Jahreszeit ungewöhnli­che Trockenhei­t kann nach Einschätzu­ng der Niedersäch­sischen Landesfors­ten auch für den Wald zu einem großen Problem werden. „Es sieht nicht gut aus“, sagte Sprecher Michael Rudolph. „Die Pflanzen schreien nach Wasser.“Dies gelte vor allem für die jungen Bäume. „Denn derzeit ist Haupt-Pflanzsais­on“, sagte Rudolph. Auch im

Harz habe es seit Mitte März kaum noch geregnet. „Wir brauchen lang anhaltende Niederschl­äge, damit auch die flach wurzelnden jungen Pflanzen nasse Füße bekommen.“Mit Sorge beobachtet­en die Forstleute zudem, dass wegen der teilweise hohen Temperatur­en bereits die erste Generation von Borkenkäfe­rn in diesem Jahr auszuflieg­en beginne, sagte Rudolph. Derzeit deute nichts auf einen Wetterwech­sel hin.

Wie hoch ist die Waldbrandg­efahr

Die Waldbrandg­efahr ist derzeit nach Einschätzu­ng des Deutschen Wetterdien­stes und der Landesfors­ten sehr hoch. Der Oberboden sei relativ trocken, hinzu kämen trockene Vegetation­sreste aus dem Vorjahr, die noch auf dem Boden lägen, erklärte Mathias Aßmann von den Niedersäch­sischen Landesfors­ten. Die neue Vegetation sei noch nicht völlig entwickelt. Deshalb gelte in und an den Wäldern ein striktes Rauch- und Grillverbo­t. Zu den „klassische­n“von Waldbrand gefährdete­n Gebieten zählt etwa die Lüneburger Heide oder der Harz.

 ?? DPA-BILD: ASSANIMOGH­ADDAM ??
DPA-BILD: ASSANIMOGH­ADDAM

Newspapers in German

Newspapers from Germany