„Weiß nicht, wie wir das bezahlen sollen“ DER MANN IN VECHTA
Vechtas Clubboss Stefan Niemeyer steht Fortsetzung der Basketball-Saison skeptisch gegenüber
Die Coronavirus-Pandemie bereitet dem RastaClubboss große Sorgen. Im Interview erzählt der 59-Jährige, welche Maßnahmen der Verein getroffen hat und ob Vechta überhaupt noch wettbewerbsfähig ist.
Herr Niemeyer, Sie sind seit 1983 Mitglied bei Rasta Vechta. Haben Sie in dieser Zeit annähernd eine solche Krise miterlebt, wie die, die durch das Coronavirus ausgelöst wurde? Stefan Niemeyer: Nein, eine Krise solchen Umfangs habe ich noch nicht erlebt. Und ich hoffe sehr, dass sich etwas Derartiges so schnell nicht wiederholt. Allein auf Rasta bezogen gab es in den beiden Abstiegsjahren 2014 und 2017 zwar auch eine Krisenstimmung, verbunden mit der Frage, ob wir es schaffen können, sportlich zurückzukommen. Aber wirtschaftlich ging es uns in den Jahren aufgrund des großen Zuschauerinteresses und eines immer größer werdenden Sponsorenpools verhältnismäßig gut. Und in der aktuellen Saison konnte der bis heute höchste Etat unserer noch recht kurzen Geschichte im Profi-Sport erreicht werden.
Doch was jetzt durch die Corona-Pandemie auf uns zukommt, bereitet mir große Sorgen.
Welche wären das? Niemeyer: Generell ist zu befürchten, dass der gesamte Basketball sehr stark zurückgeworfen und es lange Zeit dauern wird, bis wir wieder so leistungsfähig sind wie vor der Krise. Genau abzusehen ist der Schaden aktuell noch gar nicht.
Die Profis, Trainer, Jugendtrainer und Geschäftsstellenmitarbeiter sind in Kurzarbeit, viele Fans verzichten auf eine Rückerstattung ihrer Daueroder Tageskarten, dazu haben
fast 50 der 190 Sponsoren zugesagt, ihr Engagement vollends fortzuführen. Haben diese Maßnahmen Wirkung gezeigt? Niemeyer: Unser Fanclub ,Klettverschluss‘ hat schon sehr frühzeitig angekündigt, auf eine eventuell bevorstehende Rückerstattung von bereits gezahlten Eintrittspreisen zu verzichten. Viele weitere Fans, vor allem Dauerkarteninhaber, haben es dem ‚Klettverschluss‘ gleich getan – das freut mich sehr! Diese Reaktion zeigt, wie stark unsere Fans in Vechta und umzu hinter Rasta stehen und hoffen, dass es mit dem Club irgendwie weitergehen kann.
Und die Sponsoren? Niemeyer: Selbiges gilt für sie. Die, die anteilig ihr Geld zurückfordern, kann ich verstehen. Sie stehen angesichts der Corona-Krise selbst unter einem extremen wirtschaftlichen Druck und können somit jeden Euro gebrauchen. Mit der Kurzarbeit und weiteren
Maßnahmen wollen wir das entstehende Loch so gut es eben geht stopfen. Dabei spreche ich aber vom laufenden Geschäftsjahr. Noch mehr Sorge habe ich jedoch um die kommende Saison. Wann startet diese? Sind dann wieder Zuschauer zugelassen? Wenn nicht, macht das aus wirtschaftlicher Sicht keinen Sinn.
Spätestens am 30. April wollen die 17 Clubs und die Offiziellen der Bundesliga aber erst einmal über die aktuelle Saison beraten...
Niemeyer: Wir haben uns für den 27. April zu einer weiteren Videokonferenz verabredet. Es könnte für uns von Vorteil sein, dass bis dahin der Fußball und der Handball weitere Erfahrungen im Umgang mit der Situation gesammelt haben. Dass im Falle einer Fortführung unserer Saison dies nur ohne Zuschauer stattfinden könnte, ist ja bereits bekanntgegeben worden. Am Montag wird uns dann sicherlich erläutert, welche Szenarien es dafür gibt und welche Bedingungen erfüllt werden
müssen.
Glauben Sie denn an eine Fortsetzung der Saison? Niemeyer: Ich persönlich glaube nicht an die Möglichkeit einer Fortführung und wüsste auch nicht, wie wir bei Rasta das bezahlen sollten – aus meiner Sicht würde eine Fortführung Rasta eher teurer zu stehen kommen. Und ich glaube auch, dass, wenn es den Druck von großen Partnern der Liga in Bezug auf Rückforderungen oder gar Aufkündigung von Verträgen nicht geben würde, würden wir über eine Fortführung gar nicht diskutieren.
Wäre Vechta überhaupt wettbewerbsfähig? Schließlich wurden die Verträge mit Leistungsträgern wie Ishmail Wainright (mit Rückhol-Option), Jordan Davis, Kamari Murphy und Steve Vasturia aufgelöst. Niemeyer: Sollte die Saison tatsächlich fortgeführt werden, hätten wir definitiv ein Team. Dieses wäre angesichts der erwähnten Abgänge wohl nicht so leistungsfähig wie vor
Stefan Niemeyer ist seit 1983 Mitglied bei Rasta Vechta und spielte in der zweiten und später auch in der dritten Mannschaft selbst Basketball. 1987 wurde er zweiter Vorsitzender, 1991 folgte schließlich die Wahl zum ersten Vorsitzenden. Seit 1993 ist er mit seinem Unternehmen, der Miavit GmbH, Sponsor bei Rasta. Geschäftsführer der Rasta Vechta Sport-Marketing GmbH, dem Betreiber der Profimannschaft, ist Niemeyer seit 2010. Unter seiner Leitung stieg Vechta erstmals 2013 in die Basketball-Bundesliga auf.
sechs Wochen. Aber unsere US-Amerikaner Josh Young, Zabian Dowdell und Trevis Simpson sind wie unsere deutschen Spieler alle noch da und auch Ish Wainright stünde wieder unter Vertrag. Und bei vielen anderen Teams sieht es ja nicht anders aus als bei uns.
Die Fußball-Bundesligisten trainieren bereits seit einiger Zeit wieder in Kleingruppen, die Basketballer bisher nur individuell. Wäre das ebenfalls eine Option? Niemeyer: Alle unsere Trainer und Spieler befinden sich derzeit in Kurzarbeit. Sollten sie damit beginnen, zu trainieren, würden sie ja ihre Arbeit wieder aufnehmen und wir haben erneut stark erhöhte Kosten bei gleichzeitig weiterhin drohenden sechsstelligen Verlusten zum Ende des Geschäftsjahres.
Spielt die Hygiene dabei auch womöglich eine Rolle? Niemeyer: Wir können es uns aktuell nicht erlauben, die Spieler regelmäßig auf eine Infektion mit dem Virus zu testen. Dies ist aber aus meiner Sicht eine unverzichtbare Notwendigkeit, um die Gesundheit unserer Spieler, Trainer, Mitarbeiter und der Menschen um sie herum so gut es eben geht zu schützen.