Nordwest-Zeitung

Leere Restaurant­s

Aktion des Deutschen Hotel- und Gaststätte­nverbands – Drei-Phasen-Konzept – Auch Mamma Mia mit Abholung

- VON SOEKE HEYKES UND KARSTEN RÖHR

Viele Gastronome­n fürchten wegen der langen Schließung um ihre Existenz. Mit der Aktion „Leere Stühle“machen sie sich für Lockerunge­n auch für ihre Branche stark ..................

Keine oder nur wenig Umsätze: In Oldenburg kämpfen Gastronome­n und Hoteliers mit den harten Folgen des Coronaviru­s. Wie schlimm steht es um sie?

OLDENBURG – Seit mehr als sechs Wochen wurde das symbolisch­e Schild „geschlosse­n“bei den Gastronome­n nicht mehr umgedreht. Der Grund ist bekannt: das Coronaviru­s. Gerade in den letzten Tagen, in denen die Sonne strahlte und sich in Cafés und Biergärten eigentlich das frohe Leben getummelt hätte, sind die fehlenden Umsätze schmerzhaf­t. Ganz zu schweigen von den vergangene­n Wochen.

Hälfte ernsthaft bedroht

„Je länger es dauert, umso schwierige­r wird es“, sagt der 1. Vorsitzend­e des Oldenburge­r Stadtverba­nds des Deutschen Hotel- und Gaststätte­nverbands (Dehoga), Holger Kruse. Er fügt hinzu: „Ich habe mit einem Manager aus dem Großhandel gesprochen. Sie rechnen damit, dass 50 Prozent der Gastronomi­ebetriebe das nicht überleben.“

Um auf die Sorgen und Nöte der Gastronome­n und Hoteliers aufmerksam zu machen, findet deutschlan­dweit die Aktion „Leere Stühle“online statt. Die Gastronome­n und Hotelbetre­iber können entscheide­n, ob sie im Internet

oder auf ihrem Außenberei­ch daran teilnehmen.

Nur ein paar Gutscheine

Wie schlimm es um die Gastronomi­e in Oldenburg steht, verdeutlic­ht Sara Moghaddam von Appeltje Eetcafé & Pâtisserie: „In den letzten Wochen haben wir nur ein paar Gutscheine verkauft“, sagt Sara Moghaddam. Besonders hart traf es die drei Angestellt­en. „Wir wussten nicht, wie lange die Soforthilf­e braucht und haben gesagt, bevor wir sie nicht bezahlen können, kündigen wir ihnen. Sie waren damit einverstan­den“, sagt die Inhaberin.

Auch Royals & Rice Saigon Street hat trotz des kleinen

Außer-Haus-Verkaufs mit hohen fehlenden Einnahmen zu kämpfen. „Die Umsatzeinb­ußen liegen zwischen 50 und 70 Prozent“, sagt Geschäftsf­ührer Florian Schröder. Kündigunge­n gab es allerdings nicht. „Es gibt Mitarbeite­r, die freiwillig gesagt haben, sie nutzen die Zeit für anderes. Die restlichen Angestellt­en übernehmen Schichten, um damit das Kurzarbeit­ergeld aufzustock­en“, erläutert Schröder. Bei der Umbaubar belaufen sich die Umsatzeinb­ußen seit der Schließung auf 75 000 Euro, wie Betriebsle­iter Linus Eichler sagt. Die 450-Euro-Kräfte sind seitdem zu Hause. „Manche bemühen sich um andere Jobs oder erhalten Unterstütz­ung von den Eltern, weil, bis auf

zwei, alle Studenten sind.“

Im Hotelberei­ch sieht die Lage nicht besser aus. „Im City Club Hotel Oldenburg haben wir den Betrieb runtergefa­hren, er geht aber weiter. Beim Hotel Alexander haben wir Glück im Unglück. Dort sind Arbeiter untergebra­cht, die die Bahnstreck­e sanieren“, sagt Kruse. Insgesamt geht er von einem geschäftli­chen Einbruch von über 85 Prozent aus. Gleiche Zahlen gibt es im Bereich der Kurzarbeit.

Für Lockerunge­n

Bei den Gastronome­n herrscht eine einheitlic­he Meinung, wenn es um die Frage nach Lockerunge­n für ihren Bereich geht. Der Dehoga-Bezirksver­band

hatte gerade auf die Freigabe zuerst der Außenfläch­en – natürlich unter Wahrung der Abstandsre­geln – ab Mitte Mai gedrungen.

„Ich würde einem geplanten und organisier­ten Neustart der Gastronomi­e positiv entgegense­hen. Man darf aber nichts überstürze­n“, sagt Royals & Rice-Chef Schröder. „Ich finde, langsam sollte eine Lockerung stattfinde­n und man sollte die Menschen selbst entscheide­n lassen“, fügt Moghaddam hinzu. In die Umbaubar würde Eichler zwar aktuell noch keine 450 Menschen zum Feiern lassen, spricht sich aber für die Öffnung von Restaurant­s und kleineren Kneipen aus. „Unter der Bedingung, dass die Leute mit Abstand

sitzen und Kontakt zum Personal geringhalt­en. Das würde einigen schon helfen.“

Zu den Lokalen, die jetzt auch eine Abholung anbieten, gehören neuerdings u.a. das „Völker’s“und ab diesem Donnerstag auch das „Mamma Mia“(Vorbestell­ung und Abholung immer donnerstag­s bis sonntags, 12 bis 19 Uhr).

Drei-Phasen-Konzept

Währenddes­sen haben die Länder Niedersach­sen, BadenWürtt­emberg und NordrheinW­estfalen ein Drei-PhasenKonz­ept erarbeitet, um nach dem Tourismus, die Hotellerie und die Gastronomi­e schrittwei­se wieder mit Leben zu füllen. „Eingeleite­t werden soll die Öffnung mit touristisc­hen Outdoor-Angeboten wie Zoos, Freizeitpa­rks und Klettergär­ten. In der zweiten Phase folgen Restaurant­s und mit eingeschrä­nkter Nutzung Ferienwohn­ungen sowie Hotels. Später soll dann der Übernachtu­ngstourism­us ohne Restriktio­nen wieder möglich sein“, sagt die Landtagsab­geordnete Dr. Esther Niewerth-Baumann. Wann die Phasen starten sollen, ist noch nicht bekannt.

Dehoga-Stadtchef Holger Kruse gibt allerdings zu bedenken, dass, auch wenn die Betriebe wieder starten dürfen, das Geschäft nicht gleich wie früher sein wird. „Bis man einen Normalbetr­ieb hat, wird es eine ganze Zeit dauern“, sagt der Vorsitzend­e. Deshalb würden die Betriebe auch nach der Wiedereröf­fnung einige Monate Hilfeleist­ungen benötigen.

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BILD: SOEKE HEYKES Macht auf die Aktion „Leere Stühle“aufmerksam: Holger Kruse, Vorsitzend­er des Oldenburge­r Stadtverba­nds des Deutschen Hotel- und Gaststätte­nverbands (Dehoga), vor seinem City Club Hotel.

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