Als der Krieg endete
Engländer meldeten Willen zur kampflosen Übergabe an Kanadier nicht weiter
Vor 75 Jahren endete der Zweite Weltkrieg auch in Oldenburg. Berichte von verschiedenen Zeitzeugen helfen, die Erinnerung an das zu bewahren, was in den letzten Kriegstagen geschehen ist ........................
Oldenburg stand kurz vor der Zerstörung. Dann klingelte kurz nach Mitternacht das Telefon.
OLDENBURG – Wie ging der Krieg in Oldenburg zu Ende, was geschah am 2. und 3. Mai 1945 in der Stadt? Es gibt drei Zeitzeugenberichte – vom damaligen Oberbürgermeister der Stadt, Dr. Heinrich Rabeling, dem Leiter des Wohnungsamtes, Dr. Fritz Koch, sowie vom Kommandeur der Schutzpolizei in dieser Zeit, Heinrich Köhnke. Koch hat sie in seinem Buch „Oldenburg 1945“festgehalten. Köhnke hinterließ eigene Aufzeichnungen (lesen Sie seinen Bericht unten auf dieser Seite).
Die Alliierten hatten auf über der Stadt abgeworfenen Flugblättern vor einem militärischen Widerstand gewarnt. „Eure Stunde schlägt! Es kommt auf Euch an! Ihr habt die Wahl!“war unter anderem darauf zu lesen. Aber auch: „Oldenburg wollen wir schonen, wollen später drin wohnen!“Das machte den Menschen Hoffnung, die in ihren Kellern und Bunkern auf das Ende des Krieges warteten.
Kalt war’s Ende April/Anfang Mai 1945. Kilometer um Kilometer rückte das kanadische „South Saskatchewan Regiment“von Süden und Westen kommend auf die Stadt vor. Nachzulesen ist das im Kriegstagebuch (War Diary) des Regiments.
Der Feind war nicht in Sicht, deshalb riefen die Kanadier am 2. Mai bei Oberbürgermeister Dr. Heinrich Rabeling an und fragten, ob die Stadt kampflos übergeben wird, heißt es in der Koch-Version. Er bejahte die Frage. Ein Wettlauf mit der Zeit begann. Nur wenig später nahmen die Engländer, die ebenfalls vor der
Stadt mit ihren Truppen standen, telefonisch Kontakt mit dem Rathaus auf.
Die Situation für Oldenburg nahm dramatische Züge an. Christian Gude hat das Geschehen im Internet unter www.hoergaenge.net beschrieben. Die Alliierten waren entlang des Küstenkanals vorgedrungen und in Friesoythe sowie Edewechterdamm auf heftigen Widerstand gestoßen, den die Deutschen dort mit der völligen Zerstörung der Orte bezahlten.
Unheimliche Stille
In Oldenburg herrschte eine unheimliche Stille, Anarchie breitete sich im Machtvakuum aus. Gleichzeitig drohte die Wehrmacht, Häuser anzuzünden, aus deren Fenstern weiße Tücher als Zeichen der Kapitulation hingen. In der Nacht zum 1. Mai erleuchteten Hunderte Leuchtkugeln den Himmel, Kanonendonner war zu hören. Unterdessen warfen die Oldenburger ihre Nazi-Abzeichen, Fahnen und Hitlerbüsten ins trübe Wasser des Hafenbeckens. An der Cloppenburger Straße hatte ein Nazikommando vermeintliche Deserteure an Straßenlaternen gehängt. Nach und nach verließ die Wehrmacht die Stadt Richtung Norden mit Ziel Wilhelmshaven.
Die Ereignisse spitzten sich am 2. Mai, ein Mittwoch, immer weiter zu. Die Kanadier erreichten am Nachmittag Osternburg und den Kanal sowie die Hunte. Unterdessen drang zum Rathaus die Nachricht durch, dass das Wehrmachtsgebäude leersteht. Rabeling und Koch gingen auf Nummer sicher und machten sich in der Stadt auf die Suche nach Soldaten. Nur vereinzelt fanden sie welche. Schließlich meldete Rabeling um kurz nach 23 Uhr den Engländern, dass die Wehrmacht die Stadt verlassen habe und Oldenburg kampflos übergeben werde.
Koch formulierte das Gefühl,
das die Menschen beschlich, so: „Es war das Nichts. Alles ist zu Ende, das Neue hat noch nicht begonnen.“Er hing seinen Gedanken auf den steinernen Stufen im Rathaus nach, als er um 0.15 Uhr des 3. Mai aus einem Büro das Telefon läuten hörte. Er rannte durchs Treppenhaus, schritt durch die nicht abgeschlossene Tür, hob ab und hörte die Stimme eines Kanadiers, der Deutsch sprach und sagte, dass man noch nichts gehört habe vom Oberbürgermeister. Wenn die Oldenburger nun nicht binnen 15 Minuten erklären würden, dass die Stadt kampflos übergeben werde, würde der Artilleriebeschuss beginnen, so die Ankündigung. Koch erklärte leichenblass mit zittriger Stimme, dass die Engländer doch die Nachricht bekommen hätten. Die hatten es aber versäumt, die Kanadier zu informieren. Im Kriegstagebuch heißt es: „No word was heard from the Oldenburg Burgomaster bei 2359 hrs.“Auch von Schüssen über den Kanal ist darin die Rede, die Kanadier fühlten sich aber nicht zum Handeln gezwungen. Oberbürgermeister Rabeling wurde schließlich von den Kanadiern für den 3. Mai um 8 Uhr zur von den Nazis gesprengten Bahnbrücke über die Hunte bestellt. Dort wurde er mit einem Boot abgeholt. Mit dem kanadischen Kommandeur besiegelte er die Übergabe der Stadt.
Bomber standen bereit
Hätten deutsche Truppen Oldenburg verteidigen wollen, wäre es schlimm gekommen für Stadt. Nicht nur die Artillerie war in Stellung gegangen, auf dem bereits von den alliierten Streitkräften eingenommenen Fliegerhorst in Ahlhorn standen aufmunitionierte Kampfbomber, auch über der Nordsee kreiste ein Bombergeschwader – gemeinsam bereit, die Stadt in Schutt und Asche zu legen.