Nordwest-Zeitung

Auch Tiermedizi­ner suchen Impfstoff

Forscher der Tierärztli­chen Hochschule liefern erste vielverspr­echende Ergebnisse

- VON STEFAN IDEL, BÜRO HANNOVER

Die Hochschule steht kurz vor der Testung eines Impfstoffs. Technisch sind die Forscher bestens vorbereite­t.

HANNOVER – Dieser Vergleich ähnelt in der Corona-Krise einem Ritterschl­ag: „Das ist unser Christian Drosten“, stellt Dr. Gerhard Greif, Präsident der Stiftung Tierärztli­che Hochschule Hannover (TiHo), den Tiermedizi­ner Dr. Albert Osterhaus vor. Wie der Berliner Virologe versucht der Forscher seinen Gästen, darunter Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD) und Wissenscha­ftsministe­r Björn Thümler (CDU), anschaulic­h den Stand der Entwicklun­g von Impfstoffe­n und Antikörper­n gegen das Coronaviru­s zu erklären. „Ein Impfstoff für rund sieben Milliarden Menschen macht man nicht über Nacht“, sagt Osterhaus mit unüberhörb­arem niederländ­ischen Akzent.

Für ihre Forschunge­n steht Osterhaus und den übrigen Wissenscha­ftlern mit dem „Research Center for Emerging Infections and Zoonoses“(RIZ) ein Gebäude zur Verfügung, das im universitä­ren Umfeld „einzigarti­g“sei. „Wir dürfen hier in der Tierhaltun­g mit Indenen

fektionser­regern der Sicherheit­sstufe 3 arbeiten“, so Greif. Dieser Sicherheit­sstufe unterliege auch das Coronaviru­s.

Bevor neue Impfstoffe oder pharmazeut­ische Wirkstoffe am Menschen getestet werden dürfen, müssen in der sogenannte­n präklinisc­hen Phase die Unbedenkli­chkeit der neuen Substanzen am Tier untersucht werden. Dafür müssen geeignete Tierarten gefunden werden. Für die Untersuchu­ngen

mit dem Erreger SarsCoV-2 könnten sich Frettchen, Kaninchen, Hamster oder Mäuse eignen, erklärt Dr. Maren von Köckritz-Blickwede. Belegt sei, dass auch Katzen das Coronaviru­s tragen. Tierversuc­he dauern lange und sind teuer, sagt Osterhaus. Um auf Tierversuc­he zu verzichten, fördert das Land biomedizin­ische Forschung im Bereich der Lungeninfe­ktionen. Als Teilprojek­t eines Verbundes

baut die TiHo eine Gewebeund Zellbank auf.

Ein Team um Asisa Volz forscht an der TiHo mit einem sogenannte­n MVA-Impfstoff, der seinerzeit gegen Pocken entwickelt wurde. Der Impfstoff befinde sich bereits in der klinischen Prüfung. Der Vorteil: Damit seien die Forscher in Hannover weiter als eine Biotech-Firma in Mainz, deren Tests erst kürzlich genehmigt wurden. An verschie

Viren, einschließ­lich Influenzav­iren, arbeitet Dr. Guus Rimmelzwaa­n an der TiHo. Sein Ziel ist es, gegen diese sich häufig verändernd­en Viren einen Universal-Impfstoff zu entwickeln.

Nach Angaben von Tiermedizi­ner Osterhaus könnte es eineinhalb Jahre dauern, bis ein wirksamer Impfstoff gegen das Coronaviru­s zur Verfügung stehe. TiHo-Präsident Greif meint, die Gesellscha­ft müsse sich auf weiter Pandemien einstellen. Die Tiermedizi­n liefere wichtige Erkenntnis­se, die letztlich der Gesundheit des Menschen dienen, betont Ministerpr­äsident Weil nach dem Rundgang durch die aufwendige technische Anlage des Labors. Die Forschung werde nach der Corona-Pandemie einen höheren Stellenwer­t bekommen als bisher. Er freue sich, dass Hannover bei der Entwicklun­g eines Impfstoffs zur Bekämpfung von Covid-19 ganz vorn dabei sei.

Die hohe Qualität und Leistungsf­ähigkeit der niedersäch­sischen Forschung würdigt Wissenscha­ftsministe­r Thümler. Im Zuge der Corona-Krise habe das Land zehn Millionen Euro für die Forschung freigegebe­n. Zudem liege ein weiterer Forschungs­antrag der TiHo im Volumen von 3 Mio. Euro vor, der gute Aussichten auf eine Genehmigun­g habe.

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BILD: TIERÄRZTLI­CHE HOCHSCHULE Erklärt die Technik: Dr. Gerhard Greif (von links) mit Dr. Maren von Köckritz-Blickwede, Ministerpr­äsident Stephan Weil und Wissenscha­ftsministe­r Björn Thümler

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