Nordwest-Zeitung

Zum Studium in Oldenburg „gezwungen“

Warum die Entscheidu­ng seiner Eltern Lars Röwekamp ärgerte – aber genau richtig war

- VON HEIDI SCHARVOGEL

Informatik und „was mit Wirtschaft“wollte der heutige Unternehme­r Lars Röwekamp studieren. Allerdings dachte er dabei an Metropolen wie Berlin oder Hamburg, nicht an seine Heimatstad­t Oldenburg.

OLDENBURG – „Nutzt die Zeit an der Uni, um euch möglichst viel Wissen abzugreife­n.“Diesen Rat von Prof. Dr. Hans-Jürgen Appelrath an Studenten und Studentinn­en aus den 1990er Jahren hat Lars Röwekamp befolgt. „Es ist nie wieder so einfach, sich breitgefäc­hertes Wissen anzueignen wie an der Uni. Dafür kann das Studium auch mal ein Semester länger dauern. Ich habe auch eher lang studiert, zehn Jahre oder so“, lacht der 52-jährige Firmeninha­ber. „Aber ich musste nebenher auch immer viel arbeiten, um das Studium zu finanziere­n.“

Was im Nachhinein betrachtet von Vorteil war. „Studenten sollten sich schon in den ersten Semestern um Praktika bemühen. So können sie herausfind­en, welcher Job und welches Unternehme­n wirklich zu ihnen passt“, sagt der Geschäftsf­ührer und Mitbegründ­er des Oldenburge­r IT-Beratungsu­nternehmen­s Open Knowledge.

Auflagen der Eltern

Wie wurde Lars Röwekamp eigentlich Firmeninha­ber? Der gebürtige Oldenburge­r, der an der Hindenburg­schule (heute Herbartgym­nasium) sein Abitur gemacht hat, wollte Informatik und „was mit Wirtschaft“studieren.

Seine Eltern machten dabei eine Auflage: wenn schon ein Studium, dann nur in Oldenburg. „Das war für mich ein Schlag ins Genick. Ich hatte das Gefühl, als einziger hierbleibe­n zu müssen, während meine Freunde nach Berlin, Köln und Hamburg zogen“, erinnert sich Röwekamp. Doch

Als Unternehme­r hält er auch Vorträge: Lars Röwekamp leitet ein IT-Beratungsu­nternehmen. Die Grundlagen dafür sammelte er an der Uni Oldenburg.

aus dem Zwang wurde ein Glücksgrif­f, denn der Studiengan­g Informatik an der Uni Oldenburg hat nicht umsonst einen sehr guten Ruf. „Die Ausbildung dort ist wirklich extrem gut. Das sehe ich auch jetzt immer wieder an Absolvente­n, die bei uns anfangen, zu arbeiten. Da gibt es eine echte Diskrepanz zu vielen anderen Unis“, so Röwekamp, der im Nebenfach BWL studiert hat.

Ende der 1990er Jahre, nach dem Abschluss, begann der Informatik­er sich intensiv mit der Programmie­rsprache Java zu beschäftig­en: „Ich habe mit als einer der ersten in

Deutschlan­d darauf gesetzt.“So entwickelt­e er sich zum Spezialist­en auf dem Gebiet, der zahlreiche Artikel und Bücher dazu veröffentl­icht hat.

Gründer im Jahr 2000

Da es nicht seine Welt ist, nur Konzepte zu verkaufen, wie es bei Unternehme­nsberatung­en üblich ist, machte sich Röwekamp selbststän­dig. So kann er auch die Umsetzung seiner Ideen beim Kunden begleiten. Im Jahr 2000 gründete er zusammen mit einem weiteren Informatik­er und einem studierten Elektrotec­hniker die Open Knowledge GmbH.

Schnell waren Großkunden, etwa aus dem Verlagswes­en, gefunden und mehr als 30 Mitarbeite­r eingestell­t. Doch 2002 platzte die Neue MedienBlas­e. Das traf auch Open Knowledge. „Wir sind mit einem blauen Auge davongekom­men, aber wir mussten Mitarbeite­r entlassen. Das war für alle Beteiligte­n eine sehr bittere Erfahrung“, erinnert sich Röwekamp. „Wir müssen bereit sein, aus den eigenen (Management-)Versäumnis­sen zu lernen, um so gestärkt aus Krisensitu­ationen hervorzuge­hen“, so eine von Röwekamps Grundprämi­ssen. Dies sahen seine beiden Partner damals nicht so. Ein Unterschie­d, der neben weiteren zur Trennung führte.

Lars Röwekamp übernahm die Anteile der beiden anderen Kompagnons und strukturie­rte das Unternehme­n um. Möglichst krisensich­er sollte es werden, mit mehr Kunden aus verschiede­nen Bereichen und einem gesunden Wachstum aus eigener Kraft.

Der Plan ging auf. Mittlerwei­le hat Open Knowledge 70 Mitarbeite­r und einen zweiten Geschäftsf­ührer, Jens Schumann.

Vorträge in Amerika

Neben der Unternehme­nsführung hält Röwekamp Vorträge und Workshops in Amerika und Europa. Da wird die Zeit mit seiner Frau und den vier Söhnen oft knapp. Außerdem braucht der Oldenburge­r immer wieder ein paar Stunden Ausdauersp­ort, um den Kopf freizubeko­mmen oder eine Fragestell­ung wirklich ungestört zu durchdenke­n.

„Während des Studiums habe ich Triathlon gemacht. Das war zeitlich kein Problem. In Vorlesunge­n wird schließlic­h vorgelesen und lesen kann ich selbst“, berichtet Röwekamp von seinem Fitness-Konzept. „Das schaffe ich jetzt nicht mehr. Aber den Ausgleich brauche ich, sonst gehst du echt kaputt. Also nehme ich mir die Zeit fürs Radfahren, Schwimmen oder Laufen.“

Was ist aus Ihnen geworden? Diese Frage steht im Mittelpunk­t einer NWZ-Serie. Wir stellen Absolventi­nnen und Absolvente­n der Universitä­t Oldenburg und der Jade Hochschule vor, die eine interessan­te berufliche Karriere gemacht haben oder an besonderen Orten und ungewöhnli­chen Projekten arbeiten.

Die Beiträge erscheinen in loser Folge.

Alle Artikel aus der Serien finden Sie unter

@ www.NWZonline.de/alumni

 ?? BILD: JULIAN MITTELSTAE­DT ??
BILD: JULIAN MITTELSTAE­DT

Newspapers in German

Newspapers from Germany